Rugby-WM-Halbfinale: Südafrikas Kapitän wird geliebt, Englands gehasst
Sie wollen ihr Land ins Finale der Rugby-WM in Frankreich führen. Die Voraussetzungen vor dem Kracher-Halbfinale am Samstag im Stade France (21 Uhr, ProSieben Maxx) könnten für Siya Kolisi und Owen Farrell (beide 32) aber nicht unterschiedlicher sein: Südafrikas Kapitän wird in der Heimat geliebt – und Englands Anführer gehasst!
Kolisi hat bereits Geschichte geschrieben. Als erster schwarzer Kapitän überhaupt führte er die „Springboks“ 2019 zum WM-Titel – durch einen Finalsieg gegen England. Vom einstigen Symbol der Apartheid ist das Rugby-Team zu einem Zeichen der Versöhnung und Hoffnung geworden.
Die Springboks stehen in Südafrika für Hoffnung
Nach den ersten demokratischen Wahlen 1994 nahm im Folgejahr erstmals eine Mannschaft mit schwarzen und weißen Spielern an einer WM teil. Im eigenen Land sicherte sich Südafrika den Titel, die Bilder von Präsident Nelson Mandela im grünen Trikot der „Springboks“ gingen um die Welt.
„Wir spielen nicht für uns, wie spielen für 60 Millionen Südafrikaner“, sagte Kolisi, der in einem Township in Port Elizabeth geboren wurde und seine Mutter mit 15 Jahren verloren hat. „Die meisten von ihnen können sich die Reise nach Frankreich nicht leisten. Aber sie sind immer bei uns.“ Tatsächlich feiert die Regenbogen-Nation die Triumphe ihrer Helden gemeinsam.
„Siya Kolisi ist jemand, den jeder auf seiner Seite haben möchte“, sagte Ex-Nationalspieler Joel Stransky. Kolisi sei ikonisch, „wegen der Art, wie er führt, wie er spielt und wie er sein Leben lebt“.
Und das tut der Kapitän auch bei der WM. Nach dem atemberaubenden 29:28-Sieg Südafrikas im Viertelfinale gegen Frankreich galten seine ersten Worte den niedergeschlagenen Gastgebern: „Ich möchte ihnen einfach nur gratulieren. Zu dem, was sie erreicht haben.“ Die französischen Fans könnten „stolz auf diese Mannschaft sein“.
Pfiffe der englischen Fans für Kapitän Owen Farrell
In England, der Heimat des Rugby, ist man sich derweil auch einig – und zwar, dass Owen Farrell der falsche Kapitän ist. Als bei der WM sein Name verlesen wurde, gab es Pfiffe – von den eigenen Fans – sehr ungewöhnlich. Die Legende aus Wigan ist zwar ein brillanter Spieler, aber auch einer, der mit völlig unnötigen Strafen und Sperren sein Team schwächt. Die ersten beiden Spiele der Endrunde verpasste Farrell gesperrt.
Dabei heißt es ja über Rugby: Es ist ein Hooligan-Sport, der von Gentlemen gespielt wird. So wie von Südafrikas Nationalhelden Siya Kolisi.