Sprint-Sensation und Zehnkampf-Drama: Doppel-Gold für Deutschland
Er warf seinen letzten Speer, als ginge es um sein Leben. Danach rannte er sich 1500 Meter lang die Seele aus dem Leib. Der Lohn für Zehnkämpfer Niklas Kaul: Gold bei der Europameisterschaft in München nach einer irren Aufholjagd! Eine Stunde später krönte Gina Lückenkemper den deutschen Abend mit ihrem sensationellen Triumph über 100 Meter.
„Ich hatte mir immer gewünscht, dass ich in die Situation komme, wo ich richtig laufen musste.“, sagte der 24-jährige Mainzer Kaul nach seinem Coup. Ein schwaches Ergebnis beim Diskuswurf hatte den Weltmeister von 2019 fast aussichtslos zurückgeworfen, nach acht Disziplinen lag er nur auf dem siebten Platz.
Leichtathletik-EM: Gold für Lückenkemper und Kaul
Mit dem letzten Wurf schleuderte er seinen Speer auf 76,05 Meter – die Voraussetzung für eine grandiose Aufholjagd. Eine Medaille war in Reichweite, doch für Gold musste er im abschließenden 1500-Meter-Lauf glatte 27 Sekunden auf den Schweizer Simon Ehammer gutmachen.
Und er schaffte es! In der zweiten Runde setzte Kaul sich ab, gewann Sekunde um Sekunde und lief schließlich mit der persönlichen Bestzeit von 4:10,04 Minuten durchs Ziel. Er lag völlig erschöpft am Boden – und war eine knappe halbe Minute später Europameister. Sprungspezialist Ehammer hatte seine Zielmarke verfehlt, musste sich mit Silber begnügen.
Kaul krönt sich mit Riesen-Aufholjagd zum König der Athleten
Eine Stunde später stand das Olympiastadion Kopf. Die Berlinerin Gina Lückenkemper raste in 10,99 Sekunden zum Sensations-Gold über 100 Meter.„Ich bin euch so unfassbar dankbar“, rief die 25-Jährige den tobenden Fans zu. Nach dem Zieleinlauf war sie gestürzt und blutete am Bein, aber das war vollkommen egal: „Ich habe so viel Adrenalin in mir.“
Neben den Triumphen von Lückenkemper und Kaul jubelten die deutschen Leichtathleten über drei weitere Medaillen. Im Diskuswurf holten Kristin Pudenz aus Potsdam Silber und Claudine Vita aus Neubrandenburg Bronze. Pudenz lag nur acht Zentimeter hinter der kroatischen Ausnahmeathletin Sandra Perkovic, die zum sechsten Mal in Folge Europameisterin wurde.
Sprint-Gold! Lückenkemper lässt das Münchner Olympiastadion Kopf stehen
Nach vielen vierten und fünften Plätzen bei Großveranstaltungen freute sich der Potsdamer Christopher Linke umso mehr über seine Silbermedaille im 35-Kilometer-Gehen. „Endlich eine Medaille“, jubelte der 33-Jährige: „Endlich mal etwas, das ich meinen Enkeln zeigen kann.“
Weitsprung-Star Malaika Mihambo zeigte sich von ihrer Corona-Erkrankung erholt und gewann die Qualifikation mit 6,99 Metern. „Ich fühle mich ganz gut, bin reaktiv und schnellkräftig“, sagte Mihambo, die am Donnerstag um Gold springt.
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Die Hamburger Sprinter Lucas Ansah-Peprah (10,19 Sekunden) und Owen Ansah (10,20) schieden beide in den 100-Meter-Halbfinals aus. Schnellster Mann Europas wurde der Italiener Marcell Jacobs (9,95).