Super-Bowl-Debakel statt Hattrick: Mahomes als Mehmet Scholl des Footballs
Klassenkeile für Mahomes’ Musterknaben – die 59. Ausgabe des Super Bowl war nicht nur sportlich bemerkenswert. Mit 22:40 gerieten die Kansas City Chiefs, der amtierende Champion der vergangenen zwei Jahre, gegen die Philadelphia Eagles unter die Räder. Doch auch die äußeren Umstände dieses Abends waren außergewöhnlich.
Am Medieneingang des Stadions kontrollierte gut gelaunt der Secret Service. Nicht im Verborgenen, sondern in respekteinflößenden schwarzen Uniformen mit der Rücken-Aufschrift „Police“ und „Secret Service“. Auf die freundliche Ansprache „Thanks for your service“ kalauerte der athletische Beamte zurück. „Please don’t tell anyone“. Der MOPO-Reporter stand auf dem Schlauch. „Why not?“ Antwort: „Because it’s secret“.
Die Sicherheitslage in New Orleans war nach dem Anschlag vom 1. Januar, als ein Islamist 14 Menschen auf der Vergnügungsmeile Bourbon Street umgebracht hatte, schon angespannt genug. Tausende Polizisten und National-Guard-Soldaten waren in der Stadt. Als dann auch noch Donald Trump als erster amtierender US-Präsident sein Kommen ankündigte, wurden die Sicherheitsmaßnahmen nochmals verschärft. Machtlos allerdings war die Sicherheitsarmada gegen die Pfiffe im Stadion, als Trump auf der Videowand eingeblendet wurde.
Super Bowl in New Orleans: Pfiffe für Donald Trump und Taylor Swift
Gleiches widerfuhr Taylor Swift, wenn auch aus anderen Gründen. Der Superstar, der mit Chiefs-Tight-End Travis Kelce liiert ist, wurde von den Eagles-Fans ausgebuht. Die hatten ansonsten aber nur Grund zu jubeln. Denn ihre Mannschaft überrollte die Chiefs geradezu. Das Team aus Missouri hatte einen komplett gebrauchten Tag erwischt. Allen voran ihr Quarterback Patrick Mahomes (29). Im Angesicht der Chance, als erstes NFL-Team zum dritten Mal hintereinander den Super Bowl zu gewinnen, vergrützte Mahomes praktisch im Alleingang die erste Hälfte.

Zwei Interceptions sowie zwei Sacks unmittelbar nacheinander brachten die Chiefs bereits zur Halbzeit mit 0:24 in Rückstand. Da war die Messe praktisch schon gelesen. Das war übrigens der zweithöchste Super-Bowl-Halbzeit-Rückstand, seit die Patriots 2016 mit 0:25 gegen die Atlanta Falcons zurück lagen – und am Ende noch gewannen. Individuelle Fehler und eine spürbare Teamnervosität führten dazu, dass auch Travis Kelce in der ersten Hälfte leer ausging. Er fing keinen einzigen Pass. Für Mahomes standen am Ende der vier Quarters insgesamt drei Interceptions und sechs Sacks zu Buche. Dass am Ende noch zwei Touchdowns inklusive zweier Two-Point-Conversions das Ergebnis annähernd kompetitiv gestalteten, verzerrt die Überlegenheit der Eagles gewaltig.
Chiefs-Superstars Mahomes und Kelce ganz schwach
Die Eagles waren in allen Belangen überlegen. Ihr legendäres Laufspiel war zwar auch nicht exorbitant. Was aber die Offense nicht umsetzte, das verhinderte die Defense. Die Eagles-Innenverteidiger Josh Sweat, Jalen Carter und Jalyx Hunt waren die „Hauptschuldigen.

Dan Orlovsky von ESPN bezeichnete Carter als „Ein-Mann-Abrisskommando“. Für Patrick Mahomes, den Megastar, der trotz dreier Super-Bowl-Titel bisweilen auf seltsame Art wie ein Unvollendeter wirkt, ein Mehmet Scholl des Football sozusagen, gab es denn auch am Spielausgang nichts zu deuteln: „Hut ab vor den Eagles. Sie haben von Anfang bis Ende besser gespielt als wir. Wir haben nicht so begonnen, wie wir es uns vorgenommen hatten. Natürlich haben die Turnover wehgetan. Ich muss einfach die ganze Schuld dafür auf mich nehmen. Ich habe einfach nicht nach meinen Maßstäben gespielt, und muss es beim nächsten Mal besser machen.“
Saquon Barkley dankt der Eagles-Defense
Philadelphias Running Back Saquon Barkley analysierte den Grund des überraschend klaren Erfolgen ähnlich. „Ein großes Lob an die Verteidigung. Sie hat den Ton angegeben. Ohne sie hätten wir das Spiel nicht gewonnen. Wir wussten, dass der Schwerpunkt auf dem Laufspiel liegen würde, und das haben wir ausgenutzt. Wir haben es im Passspiel ausgenutzt. Jalen Hurts spielte groß auf und es war eine Teamleistung.“

Als kleines Interludium des Chief-Desasters und Eagles-Triumphes fungierte Westcoast-Rapper Kendrick Lamar. Vor drei Jahren durfte er schon mal ran – als Sidekick von 50 Cent, Snoop Dogg, Mary J. Blige, Dr. Dre und Eminem. Jetzt durfte er allein ran. Seine spektakuläre Bühne und die Choreografie, als etwa aus einem aufgemotzten schwarzen Gangsta-Auto eine gefühlte Unzahl von Tänzern ausstieg, war ein Augenschmaus. Seine wesentlich weniger melodische Variante des Westcoast-Rap war nicht jedermanns Sache.
Samuel L. Jackson bei Halbzeit-Show von Kendrick Lamar dabei
Nach dem Publikumsjubel zu urteilen, fand aber die Mehrzahl der Besucher sein Hit-Medley aus „Squabble up“, „Humble“, „Peekaboo“, „Luther“ und „Not Like Us“ gut. Als Ansager im Uncle-Sam-Outfit hatte auch Schauspiel-Legende Samuel L. Jackson seinen Anteil an der Show.

In New Orleans, dieser so feierfreudigen wie sorgen-gebeutelten Stadt wird man vor allem froh sein, dass alles so makellos abgelaufen ist. Und Donald Trump? Der benahm sich wie immer – nämlich daneben. „Die Einzige, die einen schlimmeren Abend hatte als die Kansas City Chiefs, ist Taylor Swift“, lästerte der Präsident auf seiner Online-Plattform Truth Social. Sie sei aus dem Stadion gebuht worden. „MAGA ist sehr nachtragend.“ MAGA, das ist die Abkürzung des Slogans von Trump – „Make America Great Again“.
Anmerkungen oder Fehler gefunden? Schreiben Sie uns gern.