Vom Pflegefall zum Weltrekord: Mit Hirnschrittmacher bei den Cyclassics
Während die Radsport-Stars um den Sieg bei den Cyclassics fahren, peilt Jan Bodenbach am Sonntag in Hamburg einen Erfolg ganz anderer Art an. Der 26-Jährige will einen Weltrekord auf der 100-Kilometer-Jedermann-Strecke aufstellen. Das Besondere dabei: Bodenbach erkrankte im Alter von 15 Jahren an der sehr seltenen Bewegungsstörung generalisierte Dystonie und wurde binnen weniger Tage zum Pflegefall. Er hat sich seinem Schicksal nicht ergeben und wird auf Hamburgs Straßen mit seinem Rennrad dabei sein.
Recherchen bei bekannten Weltrekord-Instituten hätten ergeben, dass es noch kein an generalisierter Dystonie erkrankter Mensch versucht habe, überhaupt ein Radrennen zu bestreiten, berichtete der Event-Kaufmann bei einer Pressekonferenz vor dem Rennen.
Jan Bodenbach fährt 100 Kilometer bei den Cyclassics
Demnach würden auch die in Hamburg angebotenen 60 Kilometer für den Weltrekordversuch reichen. Dass er dennoch auf der langen Distanz starte, liege an seinem Ehrgeiz, meinte Bodenbach. Sein Ziel: Er will ankommen, damit die Bestmarke zählt, aber er will das Rennen auch genießen. Zur Rekordanerkennung muss er allein zwischen den Jedermann-Starterfeldern über 60 und 100 Kilometer fahren. „Ich glaube, es wird für mich auch ein Stück Therapie, diese Runde“, sagte er voller Erwartung.
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Dass die Teilnahme für Bodenbach überhaupt möglich ist, liegt an einem Hirnschrittmacher. Acht Elektroden in seinem Kopf, die permanent mit Strom aus einer Batterie in seiner rechten Brust versorgt werden, bekämpfen die Krämpfe in seiner linken Körperhälfte. „Meine Muskelüberfunktion wird damit lahmgelegt. Deshalb bin ich in der Lage, auf dem Rennrad zu sitzen und 100 Kilometer zu absolvieren“, erklärte der gebürtige Ahrweiler, der alle zwei bis drei Tage für zwei Stunden an die Steckdose muss.
Er sei schon vor dem Ausbruch der Krankheit viel Rad gefahren, erzählte Bodenbach und ergänzte: „Das ist danach noch mehr in den Fokus gerückt. Es ist ein Sport, den ich gut ausüben kann. Der mir auch ein bisschen Support gibt durch das Thema Gleichgewicht und Stabilität auf dem Rad, wovon ich körperlich echt profitiere.“
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Ein zweiter Punkt für den Start in Hamburg sei es, andere Menschen zu motivieren. „Auch wenn die eine andere Herausforderung vor der Brust haben.“ Er wolle mit seiner Aktion Mut machen und zeigen, „dass es Dinge gibt, die zunächst unmöglich erscheinen und dann doch funktionieren.“(dpa/tw)