Tod von Floyd: Schalkes McKennie legt sich mit DFB an und will Gewalt-Video posten
Drei Worte. Es waren drei Worte, für die Weston McKennie viel Lob und Respekt geerntet hatte. Drei Worte, mit denen er gegen Polizeigewalt und Rassismus protestierte, auf seiner Bühne, dem Fußballplatz. In einem Bundesligaspiel. Drei Worte, die ihm eine Strafe einbringen könnten.
Doch der Mittelfeldspieler des FC Schalke 04 denkt nicht daran, mit seinem Protest aufzuhören – und geht auf Konfrontationskurs zum DFB. Zudem kündigt der US-Amerikaner die Veröffentlichung eines brutalen Videos an, in dem Polizei-Gewalt gegen Schwarze zu sehen ist.
Schalkes McKennie legt sich mit DFB an
„Justice for George“, Gerechtigkeit für George, stand auf einer Armbinde, die McKennie in der zweiten Halbzeit des Bundesligaspiels seiner Schalker gegen Werder Bremen (0:1) am linken Oberarm getragen hatte, mit einem Streifen Tape auf den schwarzen Trauerflor geklebt.
Ein Protest und Appell nach dem tragischen Tod seines Landsmannes George Floyd († 46), der Opfer Polizeigewalt geworden war. Ein Vorfall, der die USA in Aufruhr versetzt und weltweit für Empörung und Erschütterung sorgt. McKennie wollte ein Zeichen setzen. Er musste.
Erstmals spricht Weston McKennie ausführlich über seine Aktion, seine Motivation, seine eigenen Erfahrungen mit Rassismus – auch in Deutschland – und eine geplante Protest-Kampagne.
Weston McKennie über Armband-Aktion für Floyd
„Ich hatte das Gefühl, dass es meine Verantwortung und meine Pflicht ist, besonders als Amerikaner“, erklärte der US-Nationalspieler in einem Interview mit dem Forbes-Magazin seine Aktion in dem Spiel. „Und ich hatte das Gefühl, dass es die beste und größte Plattform ist, um Aufmerksamkeit zu erregen. Klar, manche Leute stimmen nicht mit mir überein, aber das ist ihre Meinung.“
Er sei voller Überzeugung für sein Handeln, Gerechtigkeit für Floyd zu fordern. Denn Polizeigewalt gegen Afroamerikaner „ist ein Problem, welches schon viel zu lange andauert. Es ist zu viel. Es muss aufhören.“
McKennie: Schiedsrichter Zwayer wollte Armband entfernen
McKennie war sich im Klaren darüber, dass er eine Strafe durch den DFB riskiert, denn laut Verbandsstatuten sind politische Botschaften auf dem Platz nicht erlaubt. Der DFB-Kontrollauschuss hat bereits Ermittlungen angekündigt.
Schiedsrichter Felix Zwayer habe ihn sogar aufgefordert, das Armband abzulegen, berichtet McKennie, aber er habe sich geweigert.
DFB-Statuten: McKennie kritisiert Haltung des Verbandes
McKennie kritisiert die seiner Meinung nach widersprüchliche Haltung des DFB. „Die Bundesliga und jeder im Fußball predigt immer `Sag Nein zu Rassismus‘, also dachte ich, es sei kein Problem. Ich meine: wenn man das wirklich, also wirklich als politisches Statement sieht, dann weiß ich nicht, was ich noch sagen soll.“
Einknicken oder sich fügen will der im US-Bundesstaat Washington geborene McKennie, der zwischen seinem sechsten und neunten Lebensjahr in Deutschland gelebt hat, nicht. „Wenn ich die Konsequenzen tragen muss, um meine Meinung zu äußern, meine Gefühle auszudrücken, für das einzustehen, woran ich glaube – dann ist das etwas, das ich tun muss.“
McKennie-Bruder Opfer von Rassismus
Erstmals spricht McKennie ganz offen über Rassismus, den er und seine Familie erlebt haben. Sein Bruder sei vor nicht allzu langer Zeit in einen Friseursalon gegangen. „Er ging rein, die Leute schauten ihn an und sagten: Wir schneiden hier kein N*****haar“, erzählt McKennie. „Ich konnte es nicht glauben. Er war gerade neu in diese Gegend gezogen, er hat eine Familie. Und dann wird das zu ihm gesagt. Ich würde um mein Leben fürchten.“
Er selbst sei als Spieler von Schalke rassistischen Attacken ausgesetzt. Bei einem DFB-Pokalspiel bei einem unterklassigen Verein habe ihn ein gegnerischer Fan als „Affe“ beschimpft und ihn mit Affenlauten und Gebärden beleidigt.
DFB-Pokalspiel von Schalke: McKennie als „Affe“ beleidigt
„Ich hasse es, über so etwas zu sprechen“, sagt McKennie. „Aber wenn ich nicht darüber rede, nicht erzähle, was mir und meiner Familie passiert ist, nicht darauf aufmerksam mache, dann werden wir nie die Kraft haben, etwas zu verändern.“
McKennie weiß, dass es viele Menschen gibt, die der Meinung sind, dass sich Athleten auf ihren Sport konzentrieren und sich nicht zu politischen Themen äußern sollten. „Meine Botschaft an diese Leute ist: Ja, wir sind Athleten, aber wir sind in erster Linie Menschen.“
McKennie hat Video produziert, das Polizei-Gewalt zeigt
Er werde nicht aufhören, öffentlich für seine Überzeugungen einzutreten. „Ich weiß, dass ich George Floyd weiter Ehre erweisen werde auf irgendeine Weise und nicht nur für ihn, sondern für viele sinnlose Todesfälle, die in Situationen wie diesen geschehen sind.“
McKennie hat ein Video produziert, in dem auch andere Athleten fordern: „Enough is enough“, genug ist genug. In dem Video, dass am heutigen Dienstag auf seinen sozialen Netzwerken veröffentlicht werden soll, ist brutale Polizei-Gewalt zu sehen. „Ich habe das Video angeschaut, und mich gefragt, ob das zu viel ist“, gibt McKennie zu. „Aber es ist einfach das, was wirklich passiert.“
McKennie: Rassismus ein „globales Problem“
Wenn sich jemand das Video nicht ansehen könne, dann spräche das Bände, und wenn jemand die Szenen für „zu brutal hält, dann ist schon genug gesagt“, so der 16-malige Nationalspieler.
McKennie betont, dass er weder glaube, „dass jeder Polizist ein böser Polizist“ oder „alle Weißen rassistisch“ noch seien „alle Schwarzen kriminell“. Der Kampf gegen Rassismus gehe jeden etwas an und jeder könne etwas tun. „Es ist ein globales Problem und es braucht die ganze Welt, um es zu lösen.“