Jubel um Ivey, Sorgen um Lottie! Towers ringen Rostock in letzter Sekunde nieder
Die Führung wechselte hin und her, die Stimmung in der Halle war einem Nord-Derby entsprechend. Mit dem schwer erkämpften 78:77 (34:41) gegen die Rostock Seawolves näherten sich die Hamburg Towers den Playoffs an.
Der Sieg beim Vorletzten Frankfurt vor einer Woche hatte eine Verlängerung und eine Menge Nerven gekostet. Die schlechte Wurfausbeute vom Main nahmen die Türme in die Anfangsphase des Duells mit Rostock mit. Bereits 230 Sekunden waren vergangen, als Jaizec Lottie mit einem Korbleger zum ersten Mal aus dem Spiel heraus traf und damit auf 3:7 verkürzte. Keine zwei Minuten später war das Spiel für Lottie aber auch schon vorbei, als er verletzt vom Parkett humpelte. Der 27-Jährige hatte sich das Knie verdreht. „Ich hoffe, dass es glimpflich ausgegangen ist“, sagte Towers-Trainer Benka Barloschky unmittelbar nach dem Spiel.
Besonders ein Mitspieler nahm sich aber ein Beispiel an Lotties Eisbrecher-Korb. Jared Grey netzte erst zum 12:11 ein und bescherte den Hamburgern mit seinem nächsten Angriff die erste Drei-Punkte-Führung. Mit einem Defensiv-Rebound leitete der 19-Jährige auch die nächsten Towers-Punkte durch zwei Freiwürfe von Niklas Wimberg ein. Als Wimberg dann mit der Sirene einen Dreier versenkte, gingen die Türme mit einem 19:13-Vorsprung in die erste Pause – von minus Sechs zu plus Sechs in etwas mehr als sechs Minuten.
Zehn-Punkte-Serie lässt Rostock zur Pause vorne liegen
Die Rostocker mit ihrem schillernden Trainer Przemyslaw Frasunkiewicz standen vor Spielbeginn dort, wo die Towers (mindestens) hinwollen: auf Bundesliga-Platz zehn, der zu wenigstens einem Playoff-Spiel berechtigt. Aber sie hatten nur einen Sieg mehr als die Wilhelmsburger auf ihrem Konto – und zudem Verletzungssorgen.
Bis auf 27:19 bauten die Türme ihre Führung aus, überließen den Gästen dann aber zu viele Freiräume – und Dreier-Würfe. Nach einer zweieinhalbminütigen 0:10-Serie liefen sie wieder einem Rückstand hinterher. Beim Stand von 30:34 rief Barloschky sein Team zu einer Auszeit zusammen. Doch Kur Kuath konnte so viele Rostocker Bälle aus der Gefahrenzone schlagen, wie er wollte: Weil die Seawolves inzwischen ihre Distanzwurf-Routine gefunden hatten, lagen sie zur Halbzeit mit sieben Punkten vorn. Das Eis war für die Hamburger wieder fester geworden.
Ivey mit Dreier aus rekordverdächtiger Distanz
Doch wie der Hamburger März zeigten sich auch die Türme frühlingshaft-beschwingt genug, um das Eis ein weiteres Mal zu brechen. Kuath setzte mit einem schnellen Korb den Akzent zur Aufholjagd, Leif Möller glich zum 49:49 aus und Brae Ivey brachte die Hamburger mit einem Dreier aus knapp zehn Metern zum 54:51 erstmals wieder in Führung. Drei Punkte Vorsprung vor dem letzten Abschnitt!
Johnathan Stove verdoppelte den Vorsprung rasch mit einem Dreier, die Hamburger Defense störte die Rostocker Kreise jetzt viel öfter entscheidend. Doch das war im wechselhaften Nordderby noch lange keine Weichenstellung zum Sieg gegen die Gäste, die unter dem Jubel einiger Hundert mitgereister Fans mit einem Sieben-Punkte-Lauf ihrerseits in Führung gingen. „Es ist unmöglich, eine Mannschaft von Rostock von Runs abzuhalten“, befand Barloschky. Mal waren die einen obenauf, mal die anderen – insgesamt war es ein Nord-Derby auf absoluter Augenhöhe. „Wir haben alles auf dem Spielfeld gelassen und in Phasen überragend verteidigt“, lobte der Towers-Trainer: „Offensiv suchen wir noch unseren Rhythmus.“
Seewolf Hamilton legt sich mit Ogbe und Stove an
Crunchtime in der ausverkauften Inselpark-Arena, es wurde hitziger: Der wurfstarke Kenneth Ogbe bekam im Kampf um den Ball vom Rostocker Topscorer Bryce Hamilton einen mit und musste sich erst wieder vom Parkett aufrappeln. Ein Dreier von Jordan Barnett trug zur Schmerzlinderung bei – und veranlasste Seewolf-Bändiger Frasunkiewicz zu einer Auszeit. Knapp sechs Minuten vor Schluss lagen die Hamburger wieder 66:60 vorn.
Doch auch dies konterten die Rostocker – und lagen 31 Sekunden vor Schluss bei eigenem Ballbesitz 75:74 vorn. Dann produzierte ausgerechnet Hamilton, der sich mit Stove hitzige Gefechte lieferte, ein Offensivfoul. „Stove hat ihn unglaublich gut verteidigt und zu schweren Würfen gezwungen“, lobte Ogbe seinen Mitspieler. Ivey schnappte sich derweil den Ball und traf 20 Sekunden vor Schluss zum 76:75 für die Towers. Ein Foul von Stove an seinem Widersacher brachte die Seewölfe an die Freiwurflinie, was Hamilton zur erneuten Rostocker Führung nutzte. 6,7 Sekunden vor Schluss, noch eine Chance für die Türme, das Eis zu brechen.

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Alles oder Nichts. Barloschky hatte einen Spielzug vorbereitet. Wimberg warf den Ball zu Ivey ein, der sich fast alle Zeit der Welt nahm und den Ball vier Zehntelsekunden vor Schluss zum 78:77 versenkte. „Er hatte vorher andere große Würfe getroffen, daher war es die Idee, seine rechte Hand freizubekommen“, erklärte Barloschky. Der Matchwinner gab sich cool. „Das sind die Würfe, an denen ich trainiere. Der Trainer hat gesagt, ich soll den Ball bekommen, und meine Mitspieler waren sicher, dass ich treffe.“
„Nach einem so physischen Spiel fühlt sich ein Sieg noch besser an“, freute sich Ogbe. Die Gelegenheit, sich für die Hinspiel-Niederlage zu revanchieren, hatten die Türme hauchdünn und in letzter Sekunde genutzt. Und damit auch ihre Playoff-Hoffnungen befördert. Wie die Seawolves stehen die Towers jetzt mit 10:11 Siegen da. „Das Ergebnis ist wichtig“, sagte Barloschky: „Es geht um jeden Sieg, weil die Tabelle so unglaublich eng ist.“ Einige Meter weiter zeigte sich Lottie schon wieder den Fans und stärkte die Hoffnung auf einen glimpflichen Ausgang seiner Verletzung.
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Last-Second-Man Ivey war mit 22 Zählern der erfolgreichste Hamburger Werfer, auch Ogbe (16), Stove (11) und Wimberg (10) sammelten zweistellig Punkte ein. Für die Towers geht es am Samstag in Oldenburg weiter, am 22. März kommt Vechta nach Wilhelmsburg.
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