Vettel wird deutlich: „Dann wollen die Leute kein Formel-1-Rennen mehr sehen“
Istanbul –
Demut in Zeiten von Corona zeigt die Formel 1 eher nicht: Trotz der unsicheren Lage soll 2021 ein Rekordjahr mit 23 Rennen werden. Das sorgt auch im Fahrerlager für Stirnrunzeln.
Es ist vor allem diese Botschaft, die Fragen aufwirft: Da rollt eine Pandemie um den Erdball, die alles relativiert. Die auch vom internationalen Sport etwas mehr Demut und Augenmaß fordert – und dann plant die Formel 1 für 2021 ein Rekordjahr. 23 Rennen auf der ganzen Welt, das gab es noch nie.
Wegen Corona: Vettel stellt Formel-1-Rennkalender infrage
Ja, sagt Sebastian Vettel hinter seiner roten Ferrari-Maske, das sei auch für ihn der wichtigste Gedanke mit Blick auf diesen neuen Kalender gewesen. „Was wird denn überhaupt möglich sein? Wie lange wird die Pandemie uns noch in diesem Ausmaß begleiten?“, fragt er. Das Coronavirus werde den Kalender auch „im nächsten Jahr diktieren. Vor allem den Saisonbeginn“.
In diesem Jahr hat das Virus ja schon alle Pläne umgeworfen, statt 22 Rennen werden es am Ende aber immerhin noch 17 sein. Überwiegend in Mitteleuropa, um lange, aufwendige Reisen in kaum planbaren Zeiten zu vermeiden. Und die meisten Grand Prix fanden ohne Fans statt.
Formel 1 im Jahr 2021: Keine Chance für den Nürburgring
Würde die Formel 1 für 2021 also erst mal auf Sicht fahren, den Saisonstart vielleicht ein wenig nach hinten verschieben? Würden die Strecken belohnt, die in der Krise kurzfristig einsprangen? Neben Istanbul (Rennen am Sonntag, 11.10 Uhr/RTL und Sky) gehörte auch der Nürburgring dazu.
Doch diese Überlegungen gab es wohl nie, die Strecke in der Eifel hatte keine Chance auf ein Rennen im kommenden Jahr. Die Formel 1 kehrte nicht bloß zu den Original-Plänen zurück, sie stockte den Kalender weiter auf: Im November wird erstmals in Saudi-Arabien gefahren, mal wieder ein diskutabler neuer Standort also.
Formel 1: Bis zu 25 Rennen pro Saison sind das Ziel
Damit kommt Liberty Media, der amerikanische Inhaber der Formel 1, seinem Ziel wieder ein Stückchen näher: Die Königsklasse soll ein allgegenwärtiges Sportevent sein. 25 Rennen sind künftig sogar gewünscht, fast an jedem zweiten Wochenende des Jahres soll also gefahren werden. Je mehr Rennen, desto mehr Vermarktung, desto höher die Einnahmen. Bei den Rennställen sieht man Für und Wider.
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„Für die Teams liegt der Vorteil im höheren Erlös“, sagt Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff, „im Sinne des Geschäfts muss man das machen. Aber es geht klar zu Lasten des Personals.“
Mercedes-Chef Toto Wolff: Das ist „der härteste Teil“ bei den Triple-Headern
2018 hatte die Formel 1 erstmals mit einem Triple-Header experimentiert, mit drei Rennen in drei Wochen also. Aufgrund der Strapazen wurde das Modell danach zunächst verworfen, bis der improvisierte Corona-Kalender es wieder notwendig machte – 2021 soll es nun gleich zwei Triple-Header geben.
Vor allem der Auf- und Abbau des Fahrerlagers sei „der härteste Teil“, sagt Wolff, mit Nachtschichten verbunden und für den Fan gar nicht sichtbar. Künftig müsse daher über den Einsatz einer zweiten Crew nachgedacht werden, auch bis in die Führungsetagen sind Home-Office-Dienste denkbar. Mattia Binotto testet das an diesem Wochenende, der Ferrari-Teamchef kommt nicht nach Istanbul.
Sebastian Vettel: „Vielleicht übertreibt man es“
„Bei weitem nicht ideal“ seien diese ganzen Engpässe im neuen Kalender, sagt auch Haas-Teamchef Günther Steiner, bald vielleicht Vorgesetzter von Mick Schumacher. Aber wer 23 Rennen wolle, der müsse damit leben.
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Auch dazu hat Sebastian Vettel sich übrigens eine Frage gestellt. „An irgendeinem Punkt“, sagt er, „übertreibt man es vielleicht. Und dann wollen die Leute kein Formel-1-Rennen mehr sehen.“ (sid/mp)