ÖVP-Kurz
  • Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)
  • Foto: dpa/APA

Im Affärensumpf: Österreichs Kanzler drohen bis zu drei Jahre Haft

Wien –

Er war der Shooting-Star der europäischen Konservativen. Nun hat Sebastian Kurz den vorläufigen Tiefpunkt seiner Karriere erreicht. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien hat Anklage gegen den österreichischen Bundeskanzler erhoben. Der Vorwurf: Falschaussage vor dem Parlament. Darauf stehen bis zu drei Jahre Haft.   

Gekniffen hat er nicht: Am späten Mittwochabend stellte sich Sebastian Kurz in Österreichs wichtigster Nachrichtensendung, der „Zeit im Bild 2“, den Fragen von Österreichs bekanntestem Journalisten Armin Wolf. Mit leicht brüchiger Stimme las Kurz immer wieder vorformulierte Sätze von einem Zettel ab. Ein Kanzler in der juristischen Defensive. 

Kurz stellt die Affäre als Komplott der Opposition dar

Konkret geht es um den Verdacht der Vetternwirtschaft. Kurz habe einen Untersuchungsausschuss des Parlaments (Nationalrat) zu der Frage der Besetzung eines hoch dotierten Postens bei einer staatlichen Holding bewusst belogen, so der Vorwurf. Dabei gilt in dem Parlamentsausschuss die Wahrheitspflicht. Bei Verstoß drohen bis zu drei Jahre Haft. Kurios: Kurz’ Partei ÖVP versucht gerade, diese Wahrheitspflicht abzuschaffen. Doch für ihren Chef dürfte dies selbst bei einem Erfolg zu spät kommen. 

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Der 34-Jährige versucht, die Affäre als Komplott der Opposition darzustellen. „Alles, was ich im Ausschuss gesagt habe, ist wahr“, behauptete Kurz. Er werde „selbstverständlich“ nicht zurücktreten, nur weil eine Anklage gegen ihn vorliege, sagte der Politiker, der einst einen „neuen Politik-Stil für Österreich“ versprach. Was im Falle einer Verurteilung passiert, wollte er nicht beantworten: „Das wird nicht passieren.“ 

Weitere ÖVP-Parteimitglieder unter Anklage

Doch dass undurchsichtige Machenschaften in der ÖVP insgesamt Konjunktur haben, ist kaum zu bestreiten. Neben Kurz stehen auch sein Kabinettschef sowie sein Finanzminister Gernot Blümel unter Anklage. Letzterer auch wegen illegaler Parteienfinanzierung. Bei Blümel hatte es bereits eine Hausdurchsuchung gegeben. Während dieser machte Blümels Ehefrau mit einem von den Ermittlern gesuchten Laptop im Kinderwagen einen Spaziergang. Blümel steht zudem, ebenso wie Kurz, unter Druck, weil er angeforderte Akten dem Untersuchungsausschuss erst nach Einschreiten des Verfassungsgerichts zuleitete –  in Form von 80.000 ausgedruckten Seiten. Die Justiz ermittelt gerade  gegen zwei weitere ehemalige ÖVP-Finanzminister, einen Ex-Justizminister, eine Ex-Wirtschaftsministerin, einen ehemaligen Arbeitsminister sowie eine Reihe weiterer ÖVP-Politiker aus der zweiten Reihe.

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Auch Kurz wird sich bald einer Vernehmung stellen müssen. Seiner Popularität haben die Affären bisher aber nicht geschadet. Für Karikaturisten Grund zum Sarkasmus: Die Zeitschrift „Zackzack“ veröffentlichte eine Zeichnung, die eine Gefängniszelle mit der österreichischen und der EU-Flagge davor zeigt. Ein Wärter brüllt in die Zelle: „Sebastian Kurz –  herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Wiederwahl!“

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