Kanzlerkandidat der SPD: Olaf Scholz auf (fast) aussichtsloser Mission
Berlin. Die SPD tritt auf der Stelle. In den Umfragen scheinen die Werte für die Sozialdemokraten schon seit Monaten wie einbetoniert – irgendwo zwischen 13 und 16 Prozent. Mit ihrem Bundesparteitag wollten die Genossen nun Aufbruchsstimmung verbreiten. Kanzlerkandidat Olaf Scholz mühte sich redlich. Aber reicht das für eine Trendwende?
Als die SPD vor sechs Monaten Scholz zum Kanzlerkandidaten ausrief, passierte in den Umfragen: nichts. Als sie vor zwei Monaten ihr jetzt beschlossenes Wahlprogramm vorstellte, passierte ebenfalls: nichts. Umso höher war nun die Erwartung an den Parteitag. Und vor allem an die Rede des Kanzlerkandidaten, die dieser selbst als die wichtigste seines Lebens bezeichnete.
Olaf Scholz präsentiert sich auf Parteitag der SPD
Als mitreißender Redner ist Hamburgs ehemaliger Erster Bürgermeister nicht bekannt. Bei einem Wahlkampf, der sich vor allem zwischen Grünen und CDU zu entscheiden scheint, dürfte Scholz nicht viele Chancen erhalten, sich den Wählern auf großer Bühne zu präsentieren. Und so nutzte er seine Rede, um seine Vorzüge und Verdienste herauszustreichen.
„Auf den Kanzler kommt es an. Das gilt heute mehr denn je“, sagte er in Anspielung auf Annalena Baerbock und Armin Laschet, denen Erfahrung in der Bundesregierung fehlt. „Ich will Kanzler werden. Ich bin überzeugt, ich kann das“, sagte Scholz weiter. „Für ein Orchester braucht es gute Musiker, aber es kommt auf den Dirigenten an“, warb er für sich.
Kanzlerkandidat Olaf Scholz: SPD hat sich breiter aufgestellt
Anders als im Wahlkampf 2017, in dem sich die SPD auf „soziale Gerechtigkeit“ fokussierte, haben sich die Genossen diesmal breiter aufgestellt. Vier „Zukunftsmissionen“ haben sich Scholz und die Sozialdemokraten verordnet: Moderne Mobilität, Klimaschutz, Digitalisierung und Gesundheit sind die Felder, auf denen die Partei punkten will.
Olaf Scholz mit Seitenhieb auf die Unionsparteien
„Ich möchte eine Regierung anführen, die unser Land nach vorne bringt. Eine Regierung, die sich etwas vornimmt. Die Ideen umsetzt, statt zu zaudern, zu zögern, zu verwässern und zu verhindern“, sagte Scholz. Ein Seitenhieb auf die Unionsparteien, der die „Seele der Partei“ streichelt. Und weiter: „Ich bin es leid, dass wir bloß dafür sorgen können, dass es nicht ganz so schlimm kommt. Ich bin es leid, dass wir immer wieder mit unserer Professionalität und Regierungserfahrung anderen das Handwerk erklären und die Kohlen aus dem Feuer holen müssen.“
Konkret versprach Scholz unter anderem, als Kanzler ein „Bündnis bezahlbarer Wohnungsbau“ zu schmieden, um die Mieten nicht weiter steigen zu lassen. Dabei verwies er auch auf seine Erfolge in Hamburg. Zudem wolle er in seinem ersten Jahr als Kanzler einen Mindestlohn von 12 Euro einführen.
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In der Partei selbst kam Scholz’ Auftritt gut an. Eine „kraftvolle Rede mit klarem Zukunftsplan“ hat Dirk Kienscherf, Fraktionschef der SPD in der Bürgerschaft, erlebt, sagte er der MOPO. Mit 96,2 Prozent wählten ihn die Delegierten zu ihrem Spitzenkandidaten. Ein besseres Ergebnis hat der Vize-Kanzler in der SPD noch nie erzielt.
Aber hat das auch Auswirkungen auf die Wählerschaft? Das werden die nächsten Wochen und Monate zeigen. Unter den Sozialdemokraten verbindet sich die Hoffnung jetzt ausgerechnet mit dem Namen Martin Schulz. Der führte 2017 – wie heute die Grünen – in den Umfragen, wurde am Wahltag aber klar geschlagen. Diesmal wäre die SPD gerne diejenige, die von einem solchen Effekt profitiert. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.