Einfamilienhaus-Streit in Hamburg: Grüner Bezirkschef hebelt Bürgerbeteiligung aus
Langenhorn –
Der Streit um Einfamilienhäuser im Bezirk Hamburg-Nord geht in die nächste Runde. Wie der „Spiegel“ am Sonntag berichtete, hat der grüne Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz einen Weg gefunden, die Bürgerbeteiligung für ein Neubaugebiet zu umgehen. Die CDU spricht von Entmachtung des Bezirks und der Aushebelung von Bürgerrechten.
Konkret geht es um das Gebiet Diekmoor, eine rund 16 Hektar große Fläche in Langenhorn, auf der 700 neue Wohnungen gebaut werden sollen. Das Gebiet ist schon seit 2012 im bezirklichen Wohnungsbebauungsprogramm aufgeführt.
Für das Bauvorhaben müssten allerdings 185 Schrebergärten weichen, weswegen das Projekt großes Konfliktpotenzial birgt. Wie der „Spiegel“ am Sonntag berichtete, hat Michael Werner-Boelz nun aber einen Weg gefunden, Bürgerbegehren zu verhindern.
Streit ums Diekmoor: Grüne wollen 700 neue Wohnungen bauen
Demnach hat der Hamburger Senat das Bezirksamt Hamburg-Nord angewiesen, die 700 Wohneinheiten zu entwickeln. Werner-Boelz hatte diese Anweisung zuvor beim Senat selbst angefordert. Eigentlich wäre die Entwicklungsfläche allein Angelegenheit des Bezirks gewesen.
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Mit der Anweisung des Senats werden nun mögliche Bürgerbegehren vor Ort ausgehebelt. Bei diesen hätte etwa von den Bürgern durchgesetzt werden können, dass auf der Fläche Einfamilienhäuser gebaut werden. Auch die Rechte der Bezirksversammlung werden mit der Anweisung eingeschränkt.
Hamburger Bezirksamtsleiter Werner-Boelz will Bürgerbegehren umgehen
Möglich wäre nun noch ein Bürgerentscheid auf landespolitischer Ebene, was jedoch in Hamburg mit hohen Hürden verbunden und daher unrealistisch wäre. Der Vorgang ist auch deshalb ungewöhnlich, weil die Grünen eigentlich immer wieder auf mehr Bürgerbeteiligung pochen.
Gegenüber dem „Spiegel“ gab Werner-Boelz zu, dass es bei der Weisung darum gehe, mögliche Bürgerbegehren zu verhindern. „Das ist das letzte große Potenzial für Wohnungsbau, was wir im Bezirk haben, und natürlich hat es gesamtstädtische Bedeutung.“ Die CDU-Fraktion in der Bezirksversammlung nennt das Vorgehen hingegen inakzeptabel und sieht darin die Verletzung von Bürgerrechten.
Streit ums Einfamilienhaus: Hamburg-Nord wird bundesweit diskutiert
In den vergangenen Wochen hatte es bundesweit Diskussionen über Hamburg-Nord gegeben. Die rot-grüne Koalition in Hamburg hatte in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben, keine neuen Einfamilienhäuser in der Stadt ausweisen zu wollen. Einer der Gründe war das Bauviertel Diekmoor. Werner-Boelz hatte damals das Vorgehen verteidigt.
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„Wir wollen Einfamilienhäuser nicht verbieten. Wir sind aber ein sehr verdichteter Bezirk und weisen keine neuen B-Pläne mit Einzelhäusern mehr aus.“ Bezahlbarer Wohnraum lasse sich nun einmal eher im Geschosswohnungsbau realisieren. „Da kann man auf der gleichen Fläche mehr Menschen unterbringen, und zwar verbunden mit geringeren Kosten.“
Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß hatte daraufhin davon gesprochen, dass die Grünen die Freiheit der Hamburger und Hamburgerinnen einschränken wollten und der CDU-Wirtschaftsrat sprach von „linker Ideologie“. (alu)