Kampf gegen Corona: So will Hamburg jetzt weitere Infektionswellen verhindern
Johannes Müller ist Fachsprecher für Innovation in der Bürgerschaftsfraktion der Grünen.
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Steinwerder –
Impfungen und der Einsatz von Schnelltests sind derzeit die größten Hoffnungsträger im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Doch es gibt noch eine weitere Möglichkeit, um effektiv Infektionswellen zu verhindern: Abwasser-Monitoring. Was in anderen Ländern bereits erprobt ist, könnte auch in Hamburg bald ein großes Thema werden.
Während die Niederlande und Luxemburg schon seit Jahren Abwasser auf genetische Reste von Viren untersuchen, hinkt Deutschland noch etwas hinterher.
Vorreiter ist hierzulande derzeit Berchtesgarden: Seit Anfang Dezember 2020 werden in dem kleinen Ort in Oberbayern, der lange Zeit als Corona-Hotspot galt, flächendeckend Wasserproben analysiert und an einem Monitoringsystem gearbeitet.
Vorstoß in Hamburg: Mit Abwasserproben gegen das Virus
Wie funktioniert das eigentlich? Über den Stuhl gelangen genetische Reste des Coronavirus ins Abwasser. Nimmt man Proben aus dem Wasser, können diese Reste nachgewiesen werden. Wie stark das Wasser belastet ist, hängt dabei mit der Zahl der Corona-Fälle im jeweiligen Einzugsgebiet zusammen.
Auch in Hamburg gibt es nun einen Vorstoß: Die rot-grünen Regierungsfraktionen wollen einen Antrag zum Abwasser-Monitoring in der kommenden Bürgerschaftssitzung einreichen.
„Ein Frühwarnsystem zur Identifizierung lokaler Corona-Ausbrüche kann ein weiterer entscheidender Faktor im Kampf gegen die Pandemie sein“, sagt Johannes Müller, Fachsprecher für Energiepolitik und Innovation (Grüne).
Abwasserproben gegen Corona: Klärwerk in Hamburg soll geprüft werden
Laut Antrag soll das Unternehmen „Hamburg Wasser“ damit beauftragt werden zu prüfen, ob die zentrale Kläranlage Köhlbrandhöft/Dradenau im Stadtteil Steinwerder für Probeentnahmen infrage käme. In einem weiteren Schritt könne die Probenentnahme in Abwassersielen und vor besonders gefährdeten Einrichtungen helfen, einzelne Infektionen besser einzugrenzen.
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Als Vorteile nennen die Regierungsparteien, dass die Ergebnisse schneller als bei Antigen-Tests ausgewertet werden können. Tests würden nämlich meist erst dann durchgeführt, wenn bereits Symptome vorliegen. Im Stuhl sei das Virus hingegen bereits kurz nach der Infektion messbar – und damit auch im Abwasser.
Mit Abwasser-Monitoring könnte auch Dunkelziffer erfasst werden
Da bei einem ausgeklügelten Monitoring-System die Daten der gesamten Bevölkerung vorlägen, sei das Infektionsgeschehen auch insgesamt besser abschätzbar – inklusive Dunkelziffer, die bei keiner Teststrategie vollständig erfasst werden könnte. Es bestehe auch die Hoffnung, über das genetische Material im Abwasser den Anteil von Mutanten frühzeitig nachzuweisen.
Laut Umweltsprecher Alexander Mohrenberg (SPD) dürfen keine Daten ungenutzt bleiben, die im Kampf gegen die Pandemie helfen. „Letztendlich können mit Hilfe eines Abwassermonitorings Lockerungen kontrolliert und mit einem geringeren Risiko erfolgen“, so Mohrenberg.
Hamburg Wasser beteiligt sich an Forschungsprojekt zu Abwasser-Monitoring
Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Leipzig und die Technische Universität Dresden erforschen bereits, inwieweit Abwasserproben zur Erfassung regionaler Infektionsgeschehen helfen können. Die beteiligten Wissenschaftler gehen davon aus, dass dafür schon eine tägliche Auswertung von Proben aus 900 Kläranlagen ausreichen würden, um einen Großteil der deutschen Bevölkerung zu erfassen.
Auch „Hamburg Wasser“ beteiligt sich an diesem Forschungsprojekt und hat bereits Proben aus dem Zulauf des Klärwerks eingesandt, erklärte eine Unternehmenssprecherin auf MOPO-Nachfrage. Bis so ein System in Hamburg eingerichtet werden kann, kann es allerdings noch ein bisschen dauern. „Nicht außer Acht gelassen werden darf, dass die Einrichtung eines entsprechenden Monitoringsystems ein für die Praxis erprobtes und realisierbares Verfahren bedarf, welches bisher noch nicht existiert“, betont die Sprecherin.