• Die Polizei löste in der Nacht eine Feier in einer Shisha-Bar in Wandsbek auf.
  • Foto: Marius Röer

Poker, Party, Shisha: Wie Hamburger den Lockdown umgehen, was die Strafen sind

Deutschland diskutiert über weitere Lockdown-Verschärfungen – am Dienstag soll die Entscheidung fallen, ob es Ausgangsbeschränkungen und Homeoffice-Pflicht geben wird. Alles vor dem Hintergrund der neuen Corona-Mutation, die deutlich ansteckender ist als die „normale“ Variante. Vielerorts schränken die Menschen bereits massiv ihr Leben ein, halten sich an die Verbote, reduzieren ihre Kontakte auf ein Minimum. Doch in den vergangenen Tagen mehrten sich Polizeieinsätze, bei denen Corona-Partys aufgelöst wurden. Was ist da los?

Freitagabend: In Hamm nimmt die Polizei eine illegale Shisha-Party-Runde hoch – es ist bereits das zweite Mal, dass der Betreiber sein Lokal unerlaubt öffnet. Samstagabend: Die Polizei löst eine Party in Wilhelmsburg auf, bei der über 30 Menschen 48 Stunden lang gefeiert haben sollen. Die Nacht von Sonntag auf Montag: In Wandsbek sprengt die Polizei eine Pokerrunde – die Zocker hatten sich in einer Werkstatt zum Spielen getroffen. Gerade solche Zockerrunden waren in den vergangenen Wochen immer wieder aufgeflogen (die MOPO berichtete). Die Meldungen illegaler Veranstaltungen, sie scheinen sich zu häufen. Dabei befindet sich das ganze Land im Lockdown, Kontakte minimieren lautet das vielerorts gelebte Motto.

Illegale Partys: Hamburgs Innensenator mit deutlichen Worten

Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) platzt bei den jüngsten Party-Meldungen der Kragen. „Die Hamburgerinnen und Hamburger nehmen die harten Einschränkungen auf sich in dem Bewusstsein, dass das Leben und die Gesundheit jedes einzelnen kostbar ist. Umso unbegreiflicher ist es, dass es in dieser kritischen Phase der Pandemie noch Menschen gibt, die sich derart dreist über alle Regeln hinwegsetzen. Ein solches Verhalten zeugt von einem Höchstmaß an egoistischer Ignoranz“, sagte er der MOPO.

So viele Corona-Bußgelder hat Hamburg ausgestellt

1,5 Millionen Euro hat die Stadt Hamburg mittlerweile an Corona-Bußgeld eingenommen, 13.726 Bußgeldbescheide ausgestellt. Fast 10.000 davon entfallen auf Verstöße gegen das Abstandsgebot, 1711 auf die Nichteinhaltung der Maskenpflicht. Wer sich bei illegalen Partys aufhält, muss mit einer Strafe von 150 Euro rechnen – Veranstalter mit mehreren Tausend Euro. Im Falle des Shishabarbetreibers, der zum zweiten Mal öffnete, werden 10.000 Euro fällig. Die Polizei führt jedoch keine genaue Statistik zu Corona-Partys. Doch wie ist der Eindruck bei den Beamten? Nahmen die illegalen Feiern zuletzt zu? Eher nicht. Aus den Behörden und von der Polizei heißt es gegenüber der MOPO, dass solche Einsätze trotz mangelnder statistischer Belegbarkeit derzeit nicht überhand nähmen. „In den Bußgeldstellen kommt es in der aktuellen Bearbeitung nicht zu einem wahrnehmbaren Anstieg der Verstöße infolge von Corona-Partys oder ähnlichen Veranstaltungen“, so Sprecher Matthias Krumm.

Psychologin: Darum kommt es zu Corona-Regelbrüchen

Doch woran liegt es, dass einige immer wieder den gesellschaftlichen Solidaritätsgedanken verletzen? Gerade jüngere Menschen wird eine zu lockere Interpretation der Corona-Regeln nachgesagt. „Als junger Erwachsener braucht man mehr Sozialkontakte, gerade auch weil man noch auf Identitätssuche ist. Da muss die Gesellschaft auch Verständnis für aufbringen“, sagt Susanne Tiedemann (47), Diplom-Psychologin und Regionalleiterin des Beratungsunternehmens Fürstenberg-Institut. Junge Menschen an den Pranger zu stellen, nütze aber nichts, zumal sich der Großteil ohnehin mit großer Bereitschaft an die Regeln hielte. Studien würden zudem zeigen, dass junge Menschen derzeit psychisch am stärksten belastet seien, Depressionen und Angst- und Suchtkrankheiten würden zunehmen.

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Weshalb dann der vereinzelte Regelbruch? „Die Corona-Einschränkungen können gerade bei jungen Menschen Trotz erzeugen. Gerade auch, wenn die politische Kommunikation für Sie nicht immer transparent ist. Eine klare Kommunikation ist wichtig, sonst droht die Gefahr der Ermüdung. Vor allem, wenn man sich ein Jahr an die Regeln gehalten hat und nun das Gefühl hat, es habe nichts gebracht“, sagt Tiedemann. Die politische Kommunikation sei sehr auf traditionelle Werte ausgerichtet gewesen, beispielsweise mit dem Schutz des Weihnachtsfests. „Junge Menschen suchen aber eher den Bezug zur Gruppe der Gleichaltrigen – für sie ist unter Umständen Silvester oder der eigene Geburtstag das wichtigere Fest.“

Was bringen nächtliche Ausgangsbeschränkungen?

Schlussendlich stellt sich die Frage, ob man einzelne Corona-Partys überhaupt unterbinden kann. Die Politik diskutiert derzeit über nächtliche Ausgangsbeschränkungen. Ob die wirklich etwas bringen, um illegale Veranstaltungen zu verhindern, ist jedoch fraglich. „Ausgangsbeschränkungen werden diejenigen nicht vom Partymachen abhalten, die sich bis jetzt auch nicht einschränken wollten“, so die Psychologin.

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