Ulreich oder Heuer Fernandes?: Torwart-Diskussion beim HSV: Thioune spricht Machtwort
Die Diskussion um ihn hält sich seit Monaten. Mal wird sie leiser geführt, mal lauter, zurzeit in jedem Fall wieder ziemlich intensiv. Soviel vorweg: Sven Ulreich bleibt trotz aller Debatten die Nummer eins des HSV, darauf legte sich Trainer Daniel Thioune fest. Doch der Keeper wird sich steigern müssen, um im entscheidenden Saisondrittel doch noch zum so erhofften großen Rückhalt zu werden.
Sie wurden beglückwünscht bis gefeiert, als sie Ulreich Ende September verpflichteten. Ein echter Coup sei dem HSV gelungen, hieß es, und tatsächlich sprach eigentlich alles für diese These.
Der 32-Jährige wechselte die Ersatzbank des großen FC Bayern gegen einen Stammplatz beim HSV ein, wo er wenig überraschend sofort den Vorzug vor Daniel Heuer Fernandes erhielt. Rund fünf Monate später wird die die Frage, ob sich der HSV auf der Torwart-Position wirklich verbessert hat, immer offensiver gestellt.
HSV-Trainer Thioune nimmt Torwart Ulreich in Schutz
Thioune mag sie nicht. Als sich der Coach nach dem Vormittagstraining am Donnerstag Zeit für die anwesenden Reporter nahm und auf Ulreich angesprochen wurde, da überlegte er sieben, acht Sekunden. „Ich sehe es in dem einen oder anderen Moment genau so kritisch“, sagte er dann. „Da fehlt uns vielleicht die Sicherheit bei dem einen oder anderen Ball.“
Doch es folgte das große Aber, denn die Kritik an Ulreich nach der 0:1-Derbypleite vom Montag bei St.Pauli könne er nicht teilen: „Ich habe eine richtig gute Partie von ihm gesehen.“
Zur Wahrheit gehört, dass Ulreich tatsächlich auch immer mal wieder richtig gut pariert, das war auch am Montag der Fall. Aber es gibt die andere Seite. Unsicherheiten bei Rückpässen, wenn er den Fuß benutzen muss. Treffer, die haltbar erscheinen, wie beim 0:1 in Würzburg. Stellt sich die Frage: Hat sich der HSV mit Ulreich im Tor wirklich verbessert?
HSV-Tor: Laut Statistiken sind Ulreich und Heuer Fernandes gleichwertig
Nimmt man die nackten Zahlen, muss diese Frage mit nein beantwortet werden. 30 Mal hütete Heuer Fernandes in der abgelaufenen Saison und zum Start dieser Spielzeit das HSV-Tor in Liga zwei, kassierte dabei 37 Gegentore. Das macht einen Schnitt von 1,23 Treffern pro Spiel. Da liegt Ulreich (21 Partien/25 Gegentore) mit einem Schnitt von 1,19 auf fast identischem Niveau.
Von dem Quantensprung, den sich der HSV im Tor erhoffte, kann bislang keine Rede sein, das wissen auch die HSV-Bosse. Trotzdem stellt sich Thioune klar hinter Ulreich und bekennt sich zu seiner Nummer eins: „Wir sind von seiner Qualität überzeugt. Er hat sie oft genug eingebracht und sie wird uns auch noch in den nächsten Wochen helfen, erfolgreich zu sein. Die Entscheidung, die wir getroffen haben, war gut und ist es immer noch.“
Auch Heuer Fernandes erntete in der Vorsaison Kritik
Das Problem: Niemand weiß, ob Heuer Fernandes überhaupt mehr Sicherheit ausstrahlen würde. Fußballerisch ist der 28-Jährige Ulreich überlegen, doch auch ihm haftete in der Vorsaison der Vorwurf an, er würde dem HSV kein Spiel durch eine extrem gute Leistung gewinnen.
Auch Thioune scheint nicht daran zu glauben, dass ein Wechsel zwischen den Pfosten Wesentliches verändern würde. „Die Torwartposition ist keine, die man Woche für Woche wechselt“, sagt der Trainer. „Die man aber wechseln könnte, wenn man nicht ganz so zufrieden ist und die anderen sich durch Qualität anbieten.“ Die Botschaft: Wer Ulreich verdrängen will, müsste sich durch sehr starke Trainingsleistungen aufdrängen. Das scheint nicht der Fall zu sein.
Klare Sache: Ulreich bleibt die Nummer eins des HSV
So bleibt erstmal alles, wie es ist. „Ich stehe zu Sven“, erklärt Thioune. „Wir finden, dass er einen guten Job macht und zurecht im Tor steht.“ Ulreich erhält also weiterhin die Chance, zu zeigen, dass er nicht nur ein gleichwertiger Ersatz für Heuer Fernandes ist – sondern die Kohlen aus dem Feuer holen kann, wenn es, wie jetzt, richtig heiß wird.