Hamburgs größte Crash-Meile: „Man kann ja auch keine Betonwand aufstellen“
Groß Flottbek –
Achtung Schaufenster! Schon über 25 Mal krachte es in Hamburgs inzwischen bundesweit berühmt gewordener Waitzstraße, zuletzt am Dienstag. Sogar Betonpoller wurden deswegen schon dort installiert. Immer wieder sind es Senioren, denen die Unfälle passieren. Wie geht es weiter an Hamburgs größter Crash-Meile?
Den ersten Test mussten die Stahlbetonpoller Mitte April bestehen – mit Erfolg! Ein Mercedes-SUV wurde erfolgreich abgebremst. Am Dienstag fuhr eine 73-jährige Fahrerin allerdings wieder einmal direkt ins Geschäft, diesmal in die Haspa-Filiale.
Hamburg: Wieder ein Unfall in der berühmten Waitzstraße
Was war mit den Pollern? „Dass nun erneut ein Fahrzeug in ein Schaufenster gefahren ist, ist bedauerlich und auf das individuelle Fehlverhalten der Fahrzeugführerin zurückzuführen“, sagt Mike Schlink, Sprecher vom Bezirksamt Altona. Eine Antwort darauf, ob der Unfall mit anderen Maßnahmen hätte verhindert werden können, ist diese Aussage allerdings nicht. Denn die Seniorin fuhr in diesem Fall an den Pollern vorbei und rammte noch einen festinstallierten Mülleimer aus dem Weg.
Die Polizei Hamburg sei in die Prüfung und Umsetzung der baulichen Maßnahmen eingebunden, um ein größtmögliches Maß an Verkehrssicherheit gewährleisten zu können. „Weitergehende Maßnahmen liegen in der Entscheidung der Bezirkspolitik“, so Schlink.
Waitzstraße: CDU-Politiker hält Fußgängerzone für undenkbar
Und was sagt die Bezirkspolitik? So ganz einig ist man sich da nicht. Sven Hielscher, CDU-Fraktionschef von Altona, bezeichnet es als ungewöhnlichen Fall. Der Schutz reiche anscheinend nicht aus. „Aber man kann ja auch keine Betonwand aufstellen“, sagt er. „Einen endgültigen Schutz wird es nicht geben.“
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Eine Fußgängerzone sei für ihn aber völlig undenkbar. „Das wäre der Tod der Waitzstraße“, prophezeit er. Diese sei nicht nur eine Einkaufsstraße, dort befänden sich viele Arztpraxen, die für ältere Menschen mit dem Auto erreichbar bleiben müssten.
Hamburg Waitzstraße: Längsparkplätze waren im Gespräch
„Es war in der Überlegung, die Schrägparkplätze zu Längsparkplätzen umzugestalten“, sagt Ute Naujokat von der SPD Altona. Wegen der Händler sei das wieder verworfen worden, denn dadurch würde die Hälfte der Parkplätze wegfallen. Das Problem an der Waitzstraße sei, dass es keine alternativen Parkmöglichkeiten in der Nähe gebe.
Holger Sülberg von den Grünen Altona betont, dass die Poller den ersten Auffahrunfall sehr gut verhindert hatten. „Jetzt müssen wir schauen, wo es noch Lücken zu schließen gibt.“
Hamburg: 60 Betonpoller für weniger Unfälle in der Waitzstraße
Für Diskussionen um die Umwandlung in eine Fußgängerzone sei die Partei immer offen. Allerdings: „Die Händler haben wegen Corona mit erheblichen Einbußen zu kämpfen“, so Sülberg. Neue Umbauphasen, auch zum Beispiel die Umwandlung in Längsparkplätze seien deshalb nicht im Gespräch.
Die 60 Betonpoller sollen laut Altonas Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg (Grüne) ein Gewicht von bis zu zwei Tonnen aufhalten können. Kostenpunkt: 150.000 Euro.
Auffällig ist in der Waitzstraße aber auch, dass die Unfälle durch Menschen im höheren Alter passieren. Schon häufiger wurden in der Vergangenheit deshalb Forderungen laut, die Fahrtauglichkeit ab einem gewissen Alter überprüfen zu lassen. Eine Idee, der Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) aber eine Absage erteilt hat. Er sehe keinen Zusammenhang zwischen Alter der Fahrer und Unfällen, sagte er der Funke Mediengruppe.
Für die Passanten in der Waitzstraße heißt das: Sie müssen wachsam sein. Der nächste Schaufensterunfall scheint nur eine Frage der Zeit zu sein.