„Der Schulsenator ist überfordert“: Scharfe Kritik an neuen Corona-Schulregeln
Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD)
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Die Corona-Zahlen sind weiter auf einem kritischen Niveau. In Hamburgs Schulen wird deshalb die Anwesenheitspflicht vorübergehend aufgehoben. Die Schulen bleiben vor und nach den Weihnachtsferien jedoch generell offen. Eltern sollen jetzt innerhalb von zwei Tagen selbst entscheiden, ob ihre Kinder in den kommenden Wochen in der Schule oder zu Hause lernen. Dies sorgt bei CDU und Linken für deutliche Kritik.
Von Mittwoch bis zum 10. Januar 2021 gilt in Hamburgs Schulen keine Anwesenheitspflicht. Eine Ausnahme gilt für Prüfungssituationen. Am Montag und Dienstag findet der Unterricht noch regulär statt.
Hamburgs Schulen im Lockdown: Eltern vor Herausforderungen
Die Eltern sollen jetzt innerhalb von zwei Tagen entscheiden, ob ihre Kinder für die Tage vom 16. bis 18. Dezember und vom 5. bis 8. Januar 2021 zu Hause oder in der Schule lernen. Dazwischen sind Weihnachtsferien. Auf Nachfrage heißt es aus der Schulbehörde, dass man auf die Terminplanung der Ministerpräsidentenkonferenz keinen Einfluss habe.
Lehrer und Schüler sollen in dieser Zeit auch den Fernunterricht entsprechend vorbereiten. Die Schulen haben für Kinder und Jugendliche, die zu Hause bleiben, Lernmaterial zur Verfügung zu stellen und das Lernen zu begleiten.
Hamburg: Diese Regeln gelten im Präsenzunterricht
In den Schulen gibt es von 8 bis 16 Uhr Lern- und Betreuungsangebote. Dafür sind feste Lerngruppen von maximal zwölf Schülern vorgesehen. Während des Präsenzunterrichts sollen immer 1,50 Meter Mindestabstand eingehalten werden. Zusätzlich gilt nun auch für Kinder und Beschäftigte an Grundschulen eine Maskenpflicht. Der Mund-Nasen-Schutz darf nur auf dem Außengelände, beim Sport, in der Kantine und beim Essen abgesetzt werden.
Im ersten Lockdown war an Schulen eine Notbetreuung für Kinder vorgesehen. Hauptsächlich sollten damit Eltern mit systemrelevanten Berufen wie in der Krankenpflege eine Unterstützung erhalten. Diesmal entscheiden die Eltern jedoch selbst. Doch bereits jetzt liegt der MOPO der Brief einer Hamburger Schule vor, in dem Eltern auf Solidarität eingeschworen werden. Es handle sich nach Aussage der Schule nur um eine Notbetreuung. Ob das eigene Kind zur Schule geht, wird neben einer organisatorischen Frage auch zu einer Gewissensfrage gemacht.
Kritik aus der Hamburger Politik: „Falsches Signal“
„Hamburgs Schulen bleiben offen – dieses Signal des rot-grünen Senats ist in der aktuellen Lage völlig falsch“, sagt Birgit Stöver, schulpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion.
Die Bundesregierung hatte die Länder am Sonntag vor die Wahl gestellt: Schulen schließen oder die Anwesenheitspflicht aussetzen. Im Nachbarland Schleswig-Holstein gibt es ab der 8. Klasse generell keinen Unterricht mehr in den Schulen.
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Die Schulen grundsätzlich für den Präsenzunterricht offen zu lassen, sei nicht im Geist dieser Vereinbarung und das Gegenteil einer Notbetreuung, so kritisiert Stöver den Hamburger Weg. Der Senat habe längst bessere Voraussetzungen für digitalen Unterricht schaffen müssen. Stöver wird noch deutlicher: „Der Schulsenator zeigt erneut, dass er mit der Situation überfordert und vollkommen beratungsresistent ist.“ Ihre Forderung: Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) solle die Schulen zur Chefsache machen.
Harter Lockdown: Das sagt Hamburgs Schulbehörde
Die MOPO hat die Schulbehörde auf die heftige Kritik der CDU am Schulsenator angesprochen: „Dieser Vorwurf ist geradezu aberwitzig“, heißt es aus der Behörde. „Der Senator berät sich seit Monaten fortlaufend und so intensiv wie noch nie unter anderem mit den Sprechern der Schulleitungen und vielen anderen Gremien und Verbänden. Viele der dortigen Vorschläge fließen in die Entscheidungen ein und werden umgesetzt.“
Hamburgs Linke: „So geht verantwortungsvolles Regieren nicht“
Sabine Boeddinghaus, bildungspolitische Sprecherin der Linken in der Hamburgischen Bürgerschaft, zeigte sich ebenfalls entsetzt über die aktuelle Situation: „Nun tritt genau die Lage ein, vor der ich immer gewarnt habe. Die Schulen sehen einer ungewissen Zeit entgegen, ohne zusätzliche Unterstützung beim hybriden Lernen und seiner sicheren Durchführung.“
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Der Senator schiebe den Eltern und Schulen den schwarzen Peter zu, sie sollen entscheiden und umsetzen, die Behörde sitze auf der Tribüne. „So geht verantwortungsvolles und präventives Regieren nicht“, so Boeddinghaus.
Schulen in Hamburg: Wie geht es nach dem 10. Januar weiter?
Über die Regeln nach dem 10. Januar wolle die Schulbehörde zeitnah informieren, heißt es in einem Statement. Boeddinghaus kritisiert diese Haltung: „Ich erwarte, dass Senator Rabe sich umgehend aus seiner Schmollecke heraus bewegt und sich seiner Fürsorgepflicht stellt im Sinne guter Bildung und Betreuung und sicheren Infektionsschutzes!“