• Am Montag hatten Bundeskanzlerin Merkel und die Länderchefs um das richtige Vorgehen während der Krise gerungen.
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Corona-Politik: Härtere Regeln oder Lockdown Light? Was ist jetzt richtig?

Brauchen wir härtere Regeln, gar Ausgangssperren, um die Corona-Pandemie in den Griff zu kriegen? Oder reicht der Lockdown-Light? Diese Frage entzweit die Politik. Doch nächste Woche muss eine Entscheidung her: Dann tagen Merkel und die Ministerpräsidenten erneut. Die Positionen sind klar: Merkel will möglichst harte Regeln, fürchtet, dass wir sonst die Kontrolle verlieren. Viele Länderchefs treten auf die Bremse, halten die Einschränkungen für ausreichend. Abwarten oder Durchgreifen, was ist besser?  

Die Zahlen steigen nicht mehr – aber sie sinken auch nicht wirklich. Weder in Hamburg noch in Deutschland. Zweieinhalb Wochen nach Beginn des Teil-Lockdowns rätselt das Land, wie es weitergehen soll. Die Lage sei weiterhin sehr ernst, betont Lothar Wieler, Chef des Robert-Koch-Instituts. „Die Fallzahlen sind insgesamt sehr hoch. Viel zu hoch.“  

Zweite Corona-Welle: Angst vor der Überlastung von Kliniken

In vielen europäischen Ländern sind die Kliniken jetzt schon überlastet, die Zahlen höher, die Maßnahmen gegen das Virus härter. Genau davor hat Merkel Angst. Lieber schnell und hart handeln als ein langer Eiertanz, so ihre Devise. Unterstützt wird sie dabei von Markus Söder (CSU) – und vielen Experten.  

„Ein zögerliches Vorgehen beziehungsweise ein Abwarten in einer Pandemie ist meistens keine gute Idee“, sagte etwa die Virologin Isabella Eckerle der Universität Genf. „Wenn man die Infektionszahlen wirklich runter bekommen möchte, die Kliniken entlasten, in der Gesellschaft ein bisschen mehr Normalität haben möchte, dann wäre es besser gewesen, schon jetzt damit anzufangen“, sagte Eckerle mit Blick auf den gescheiterten Corona-Gipfel am vergangenen Montag. Deutschland habe Zeit verschenkt.

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Der Hamburger Virologe Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut sieht das anders. „Abwarten ist das falsche Wort“, sagt er zur MOPO. Man müsse die Corona-Maßnahmen schärfen und nicht verschärfen. Das heißt: „An den richtigen Stellen eingreifen und nicht dort, wo es wenig bringt.“  

Anti-Corona-Strategie: Spezifischere Eingriffe oder klarer Cut?

An diesen zwei Strategien scheiden sich die Geister: Merkel und auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wollen mit umfassenden Eingriffen die Inzidenz auf unter 50 senken, um die Intensivstationen nicht zu überlasten und die Infektionsketten für die Gesundheitsämter wieder nachvollziehbar zu machen. Sie halten an der Kontaktnachverfolgung zur Pandemiebekämpfung fest, die durch eingeschränkte Kontakte wieder möglich gemacht werden soll.  

Jonas Schmidt-Chanasit

Hamburger Virologe Jonas Schmidt-Chanasit will vor allem besonders gefährdete Menschen schützen.

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Schmidt-Chanasit und der Virologe Hendrik Streeck halten das schon länger nicht mehr für den richtigen Weg. In einer gemeinsam mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) veröffentlichten Stellungnahme Ende Oktober erklärten sie, dass sie eine Pandemiebekämpfung ausschließlich durch die Kontaktpersonen-Nachverfolgung nicht für möglich halten. Stattdessen solle man die Nachverfolgung auf medizinische und pflegerische Einrichtungen, auf Teilnehmer von „Super-Spreader-Events“ und auf die Nutzung der Corona-Warn-App konzentrieren und sich sonst dem Schutz von Risikopatienten widmen. Andere ärztliche Verbände hatten sich von dem Papier distanziert.  

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Pandemiebekämpfung also mit kleineren, spezifischen Eingriffen oder mit einem klaren Cut? Der Virologe Hendrik Streeck sieht einen Lockdown nicht als Allheilmittel. Sobald die Maßnahmen gelockert werden, steigen die Infektionszahlen wieder an, meint er. Als „Stotterbremse“ hatte er das wiederholte Anziehen und Lockerlassen von Restriktionen zuletzt bezeichnet. 

Virologe Schmidt-Chanasit: Wir brauchen langfristige Strategie

„Akute Beschränkungen helfen natürlich kurzfristig“, sagt Schmidt-Chanasit zur MOPO. „Aber wir müssen nachhaltige Maßnahmen etablieren. Wir müssen weiter an einer langfristigen Strategie arbeiten.“  

Die leitende Amtsärztin des Gesundheitsamts Neumünster, Alexandra Barth, fordert sogar Ausgangssperren wie etwa in Frankreich – und das schnell. „Wenn die Einschränkungen lasch bleiben, werden wir auch in Schleswig-Holstein bald nicht mehr handlungsfähig sein“, sagte Barth am Mittwoch in einer Expertenanhörung des Landtags. „Wenn wir in Deutschland einen Monat eine komplette Ausgangssperre haben, dann läuft sich die Epidemie tot.“ Dann könnten die Gesundheitsämter die Nachverfolgung noch auftretender Fälle gut bewältigen.  

Verstärkter Schutz von Risikogruppen

Aber die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen des Lockdowns sind schwerwiegend, noch striktere Kontaktbeschränkungen im privaten Bereich und auch der stärkere Eingriff in Schulen bedeuten noch mehr Belastungen. Das scheinen die Ministerpräsidenten nun zu scheuen. Sie wollen erst einmal abwarten, wie sich die Lage weiterentwickelt.  

Bürgermeister Tschentscher

Auch Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher will abwarten, ob Maßnahmen Wirkung zeigen. 

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„Wenn man früher agiert, kann man schneller auch wieder rausgehen aus den Beschränkungen“, meint hingegen Merkel. Beim Wirtschaftsgipfel der „Süddeutschen Zeitung“ bedauerte sie, dass manche Entscheidungen zu langsam getroffen werden. Denn am Ende es koste es mehr Geld.  

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Immerhin: Mit finanziell bezuschussten FFP2-Masken sollen künftig Risikopatienten besser geschützt werden. Auch der Einsatz von Schnelltests soll hier helfen. Der Fokus auf den Schutz der Risikogruppen ist so neu. „Wir tun nach wie vor nicht genug, um besonders gefährdete Menschen zu schützen“, sagt auch der Hamburger Virologe Schmidt-Chanasit zur MOPO. „Da können wir überhaupt nicht warten, sondern müssen sofort Maßnahmen ergreifen.“

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