330 Jahre alt!: Historisches Haus in Hamburg verfällt – es gehört der SAGA
Wilhelmsburg –
Kaputtes Reetdach, bröckelnde Wände, verrottendes Fachwerk und abgeblätterte Farbe: Das älteste Fachwerkhaus, und das nach der Kreuzkirche wohl älteste Gebäude auf der Elbinsel Wilhelmburg, hat in den letzten 330 Jahren Kriege und Sturmfluten überlebt – doch jetzt droht es zu verfallen. Dabei gehört es ausgerechnet der städtischen SAGA. Bewohner und Nachbarn sind in Sorge.
Seit 1690, das Baujahr ist neben vielen Schnitzereien im Fachwerk verewigt, steht das Haus an der Schönenfelder Straße am Deich. Damals war hier der Ortskern Wilhelmsburgs, heute geht es idyllisch zu. In der näheren Umgebung stehen einige weitere alte Bauernhäuser und Baudenkmäler, das bekannteste ist die historische Mühle „Johanna“.
Hamburg-Wilhelmsburg: Sorge um das älteste Haus der Insel
Die Dove Elbe, ein stillgelegter Elbarm, ist nicht weit, an schönen Tagen kommen viele Spaziergänger vorbei. „Die stehen dann ganz überrascht vor der blauen Denkmal-Plakette und wundern sich, dass hier so ein spannendes Haus zu finden ist. Und als nächstes fragen sie, warum das so marode ist“, sagt Katarina Jensen.
Die Künstlerin lebt in einer von drei Wohnungen im Haus. Die Vierte steht nach einem massiven Wasserschaden seit Jahren leer.
Altes Haus in Hamburg: Das sagt die SAGA
Jensen, deren Wohnung selbst von der SAGA gut renoviert wurde, kämpft mit engagierten Nachbarn für den Erhalt des Hauses. Sie zeigt auf ihre Terrasse, die sie den ganzen Sommer nicht nutzen konnte – weil so viel Reet vom Dach fällt. „Das löst sich einfach auf“, sagt sie. Im Bad sind Spuren eines Wasserschadens, im Betonboden klafft ein Loch, zentimeterbreite Risse ziehen sich über Wände, die Farbe blättert von den jahrhundertealten Holzbalken.
Gerüchte, wonach die SAGA das Haus absichtlich verfallen lasse, um es dann abreißen zu können, widerspricht Firmensprecher Gunnar Glaeser vehement. Die SAGA sei sich „der Bedeutung des Gebäudes für den Stadtteil und darüber hinaus bewusst“, so Glaeser. Die Sanierung der Wohnung mit dem Wasserschaden etwa sei „aufgrund des Baualters, der Bausubstanz und Statik des Gebäudes sowie mit Blick auf den gebotenen Denkmalschutz anspruchsvoll“. Immerhin: Ein Bauantrag ist demnach bereits eingereicht.
Das könnte Sie auch interessieren: Ausgrabung bei Hamburg: Geheimnisvolles Skelett gefunden
Auch sonst tut sich die SAGA mit dem Haus, das ihr seit 1997 gehört, schwer – passt es doch nicht wirklich in das Portfolio des Massenvermieters. Der Verfall aber soll gestoppt werden. Das Dach wurde gerade in Teilen ausgebessert, kurz nach Anfrage der MOPO kamen Maler und strichen die Fenster.
„Derzeit werden Konzepte entwickelt, wie eine Modernisierung des Objekts unter der gebotenen Berücksichtigung des Denkmalschutzes sowie der damit verbundenen hohen Kosten umgesetzt werden kann“, sagt Glaeser.
Jensen hofft, dass das auch wirklich passiert. „Auch wenn es etwas muffig riecht: Es ist einfach cool, in so einem alten Haus zu wohnen.“