• Unter der Sternbrücke rollt der Verkehr vierspurig.
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Unterhalb der Sternbrücke: Die Stresemannstraße muss wieder zweispurig werden!

Kommentar –

Wolfgang Müller, Sänger und Mitglied der Initiative Sternbrücke, schreibt in seinem Gastbeitrag für die MOPO, warum die Sternbrücke unbedingt erhalten bleiben sollte und dass es dringenden Bedarf dafür gibt, den Verkehr an der Stresemannstraße zu beruhigen. Denn um eine Verkehrswende herbeizuführen erfordere es Mut, Einfallsreichtum und vor allem: Konsequenz.

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Wolfgang Müller

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hfr

Wäre die Hamburger Verkehrspolitik ein Jahrmarkt, müsste man aktuell aufpassen, nicht beim Flanieren durch respektable Schaubuden unvermittelt einem Hütchenspieler-Trick zum Opfer zu fallen. Inmitten der bunten Vielfalt, irgendwo zwischen einem autofreien Ottensen, Pop-Up Bike-Lanes in der HafenCity und einem verkehrsberuhigten Jungfernstieg taucht plötzlich ein vierspuriger Autobahnzubringer auf, mitten durch ein gewachsenes Viertel, mit einer schlechten Kopie der Fehmarn-Sund-Brücke als städtebaulicher Tiefpunkt.

Sternbrücke in Hamburg: Schill brachte die Vierspurigkeit zurück

Die Rede ist natürlich von der Stresemannstraße sowie der 100 Jahre alten, denkmalgeschützten Sternbrücke, Heimat diverser Clubs, und aktuell Gegenstand einer hoch umstrittenen Erneuerungs-Planung durch die Verkehrsbehörde und die Deutsche Bahn. Fast 50.000 Autos wälzen sich jeden Tag durch diese Verkehrsader, wahlweise auf ihrem Weg von der A1 zur A7 oder zurück.

Sternbrücke

Die Sternbrücke über der Kreuzung Stresemannstraße/Max-Brauer-Allee soll durch ein neues Modell ersetzt werden – zum Unmut vieler Anwohner und Club-Inhaber.

Foto:

imago/Frank Brexel

Nachdem 1991 nach dem Unfall-Tod eines kleinen Mädchens massive Proteste und Straßenblockaden den Verkehr zum Erliegen brachten, wurde die Straße für Autos für elf Jahre auf zwei Spuren reduziert, und der Durchsatz sank auf 24.000 Pkw pro Tag – bis die Schill-geführte Verkehrsbehörde gegen heftige Proteste die Vierspurigkeit zurück brachte und die Blechlawine wieder rollte.

Sternbrücke in Hamburg: Stabbogenbrücke in Planung

All das ist nun 20 Jahre her, und man sollte denken, dass die drohende Klima-Katastrophe, Diesel-Fahrverbote, horrende Feinstaub-Werte sowie der klare Wählerwunsch nach einer Verkehrswende bei den Stadt- und Verkehrsplanern Spuren hinterlassen hätte – doch der Jahrmarkt hat immer eine Überraschung parat.

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Die Frage, ob die Sternbrücke saniert oder ersetzt werden muss, war noch nicht abschließend geklärt, da wurde sie schon durch die Vorgaben der Verkehrsbehörde irrelevant: Denn dort, wo die Sternbrücke den Verkehr aus bautechnischen Gründen auf drei Spuren verengt, ist aus Sicht der Verkehrsbehörde noch immer viel zu wenig Platz für noch mehr Autos. Daher wurde bei der Neu-Planung eine Brücke ohne Stützpfeiler gefordert, was eine 21-Meter hohe Stabbogenbrücke als Entwurf zur Folge hatte.

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So könnte die neue Sternbrücke bald aussehen. Der Entwurf sorgt für viel Kritik (Visualisierung). 

Foto:

Vössing Ingenieurgesellschaft mbH

Inmitten des kleinteilig gewachsenen Stadtteils Altona-Nord, am Kopfende der Wohlers Allee, soll nach den Vorstellungen der Verantwortlichen zukünftig eine Kopie der Fehmarn-Sund-Brücke stehen, mit flüssig fließendem vierspurigem Verkehr. Fahrradfreundlichkeit? Verkehrsberuhigung? Städtebauliche Verantwortung? Das Auge versucht dem Hütchen mit all den Verheißungen zu folgen, aber leider vergeblich. Die Verkehrswende, sie ist immer woanders.

Video: Ausschuss unterstützt Initiative Sternbrücke

Es ist ein leichtes, den ohnehin überschaubaren Autoverkehr vom Jungfernstieg zu verbannen. Die Frage, warum ein neugebauter Stadtteil wie die HafenCity überhaupt eine Pop-Up Bike-Lane braucht, und reguläre Fahrradwege nicht von Anfang an mit eingeplant wurden, bleibt das Geheimnis der Stadtplaner. Und selbst ein autofreies Ottensen ist ein vergleichsweise überschaubares Projekt, hübsch anzusehen zwar, aber unterm Strich: Reine Show.

Die Stresemannstraße muss wieder zweispurig werden

Denn dort, wo wirklich eine Verkehrswende stattfinden muss, dort, wo Tag um Tag die Feinstaubgrenzwerte überschritten werden, dort, wo die vergangenen Jahre mehrere Menschen zu Tode kamen und sich Tag und Nacht Autobahn-Lkw-Verkehr durch die Stadt wälzt – hier erfordert es Mut, Einfallsreichtum und vor allem: Konsequenz, um eine wirkliche Verkehrswende einzuleiten und den Wahlversprechen auch Taten folgen zu lassen.

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Die Stresemannstraße muss wieder zweispurig werden, mit einer kombinierten Bus-Fahrradspur vom Neuen Pferdemarkt bis zur Holstenstraße. Die kleine Sternbrücke darf klein und Hamburg-Altona ein gewachsener Stadtteil bleiben. Und die Autobahnzubringer-Träume der Verkehrsbehörde darf man mit einem Dosenwurf zum Einsturz bringen. Alles andere wäre nur ein Hütchenspieler-Trick.

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