51 Menschen sterben beim Großen Brand: Als Hamburg zur Feuer-Falle wurde
Die Asche soll bis nach Lübeck geflogen sein. Selbst auf der Pfaueninsel bei Potsdam sei der Feuergeruch noch wahrnehmbar gewesen, heißt es. Der Große Brand 1842 – keine Katastrophe bis dahin war so verheerend. Ein Viertel des Stadtgebietes wurde zerstört. 20.000 Bürger verloren ihr Zuhause.
Hamburg vor 178 Jahren: Ein Gewimmel von engen Gassen und Twieten. Alte Fachwerk-Speicher stehen eingekeilt zwischen Fleet und Straßen und drohen unter der Fülle der Waren zu platzen: Baumwolle, Hanf, Alkohol, Gummi, Schellack, Spiritus und Öl werden hier gelagert. In den Wohnhäusern hocken die Menschen dicht an dicht.
Vor 178 Jahren: Großer Brand zerstört Hamburg
Auf den engen Straßen zwängen sich Fußgänger durch ein Wirrwarr aus Droschken, Gemüsekarren und Bauernwagen. Gott bewahre, wenn in diesem dichten Gedränge Feuer ausbräche!
Der 5. Mai 1842. Gegen ein Uhr in der Nacht reißt der Ruf des Nachtwächters die Menschen aus dem Schlaf: „Füer! Füer in de Diek-straat!“ Eine alte Zigarrenfabrik in der Deichstraße steht in Flammen. Ein heftiger Wind aus Südwest treibt das Feuer in Richtung Stadtzentrum.
Spritzenmeister Adolf Repsold erkennt früh, dass der Katastrophe nur auf eine Weise begegnet werden kann: durch Sprengungen. Er rät dazu, Brandschneisen in die Stadt zu schlagen, so, wie es zuvor schon bei Brandkatastrophen in New York und Charleston erfolgreich praktiziert worden ist. Doch der Rat der Stadt lehnt das zunächst ab, fürchtet Regressforderungen betroffener Hausbesitzer. Viel zu spät erst ändern die Senatoren ihre Meinung.
Mittags um 12 Uhr hält Pastor Wendt in der Nikolaikirche noch seinen Himmelfahrtsgottesdienst ab. Kaum ist er fertig und die Gemeinde auf dem Heimweg, brennt das Gotteshaus auch schon. Am Abend ist auch das alte Rathaus bedroht. Das Gebäude wird mit 800 Pfund Schießpulver dem Erdboden gleichgemacht. Das stoppt zwar das Feuer nicht, aber immerhin schützen die Trümmer die Silber- und Goldreserven, die im Keller der benachbarten Hamburger Bank lagern, vor Plünderern.
Panik bricht aus, die Hamburger flüchten kopflos
Panik bricht aus. Kopflos flüchten die Bürger. Jeder will sein Hab und Gut in Sicherheit bringen. Das ist die Gelegenheit für Fuhrwerker, Kasse zu machen. Der Preis für eine Fuhre steigt auf 100 Mark – der sechsfache Monatslohn eines Arbeiters. Es kommt zu Plünderungen. In der Denkerschen Weinhandlung am Rödingsmarkt machen sich 17 durstige Männer über den Champagner her – alle sterben, weil das Haus mit ihnen abbrennt.
Für den 7. Mai ist eigentlich die Eröffnung der eben fertiggestellten ersten norddeutschen Bahnlinie von Hamburg nach Bergedorf geplant. Angesichts der Tragödie werden die Feierlichkeiten abgesagt – die Bahn fährt aber trotzdem: Sie bringt Hunderte von Verletzten nach Bergedorf in Sicherheit.
Unterdessen ist Hamburgs Feuerwehr mit der Feuersbrunst total überfordert. Die 1150 „Wittkittel“, wie die Hamburger Wehrmänner wegen ihrer weißen Leinenkleidung genannt werden, bekommen Verstärkung aus dem Umland: Feuerwehrmänner aus Wedel, Blankenese, Stade, Altona, Wandsbek, ja, sogar aus Kiel und Lübeck eilen herbei.
Am 8. Mai, 83 Stunden nach Ausbruch, wird das Feuer schließlich bezwungen. Die Gasse, in der das letzte Haus brennt, trägt noch heute den Namen Brandsende. Die Bilanz: 1749 Häuser und 100 Speicher sind zerstört, drei Kirchen in Flammen aufgegangen, 51 Menschen gestorben. Noch viele Jahre ist das Stadtbild von hölzernen Obdachlosenunterkünften geprägt, die am Dammtor, an der Esplanade und am Jungfernstieg stehen, denn 20.000 Menschen haben ihr Heim verloren.
Großes Feuer: Hamburg erlebt die größte Katastrophe
Hamburg hat die bis dahin größte Katastrophe der Stadtgeschichte erlebt. Aber das Unglück bietet auch eine Chance – und die Senatoren ergreifen sie. Sie gestalten das Stadtgebiet neu, modernisieren die Infrastruktur. Radikal verändert sich das Gebiet um die Kleine Alster, wo ein neues Zentrum entsteht und Platz geschaffen wird für Rathausmarkt und Rathaus. Bis zu dessen Grundsteinlegung werden aber noch 44 Jahre vergehen.
Die innerstädtische Wasserversorgung durch Schöpfwerke ist vernichtet und wird auch nicht wieder hergestellt. James Lindley hat gut zu tun: Der englische Ingenieur, der eigentlich nach Hamburg gekommen ist, um die Eisenbahn zu bauen, schenkt der Stadt nun auch noch eine Kanalisation und baut in Rothenburgsort ein Wasserwerk.
Das könnte Sie auch interessieren: Spektakuläre Bilder! Hamburgs Neuanfang und Wiederaufbau nach dem Krieg
Vieles in Hamburg verändert sich infolgedessen: Die Stauhöhe der Alster wird gesenkt, so dass die Gebiete Uhlenhorst und Harvestehude besiedelt werden können. Damit einher gehen der Rückbau der Wallanlagen und schließlich die Abschaffung der Torsperre 1860. Hamburg steigt wie Phönix aus der Asche. Viel schöner und moderner als zuvor.