• Seit fast einem Monat sitzt Stefan Wäge (54) wegen der Corona-Maßnahmen zu Hause – mit knapp 1300 Euro muss er jetzt seinen Lebensunterhalt bestreiten.  
  • Foto: Patrick Sun

„Ich würde alles machen“: Hamburger Gastro-Mitarbeiter: Trotz Kurzarbeit vor dem Ruin

Unzählige Hamburger sitzen derzeit zu Hause, sind in Kurzarbeit oder im Homeoffice. Für die Gastronomie und Hotellerie ist diese Situation prekär: Die Branche ist für Hamburgs wirtschaftlichen Erfolg, den Tourismus und die Lebensqualität unter normalen Umständen durchaus relevant, doch die Mitarbeiter fühlen sich jetzt, in Zeiten der Corona-Krise, im Stich gelassen – mit dem Kurzarbeitergeld können viele ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten.

„Diese Menschen haben jahrelang gearbeitet – morgens, mittags, abends, haben Überstunden gemacht – und jetzt sollen sie plötzlich Hartz IV beziehen?“ Silke Kettner von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) ist empört.

Der Großteil der Branche liegt nieder, zahlreiche Mitarbeiter wurden in die Kurzarbeit geschickt – von einem durchschnittlichen Netto-Lohn von um die 1300 Euro bleiben für einige nur noch 800 bis 900 Euro im Monat übrig. „Das reicht natürlich hinten und vorne nicht“, so Kettner. Ein deutlich höheres Kurzarbeitergeld müsse her.

Hamburg: Viele Gastronomen vor dem Ruin

Auch Stefan Wäge, selbst Gastronom in Kurzarbeit, fordert das: „Eine Aufstockung auf 90 Prozent in der Kurzarbeit würde helfen.“ Auch für Ansprechpartner in der jetzigen Lage oder für Jobangebote wäre der 54-Jährige dankbar.

Wäge ist enttäuscht darüber, wie die Gastronomie-Branche jetzt im Stich gelassen wird.

Wäge ist enttäuscht darüber, dass die Gastronomie-Branche im Stich gelassen wird, wie er findet.

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Er bemühe sich um Aushilfs-Jobs, erzählt er, bewerbe sich als Packer bei Aldi, Lidl und Co. – doch bislang ohne Erfolg. „Ich würde alles machen, aber auf sieben Bewerbungen habe ich keine einzige Antwort.“

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Wäge ist Betriebsratsvorsitzender der „Stadtküche“ und sorgt sich auch um seine Kollegen, die noch schlechter dran seien als er selbst. „Die Geringverdiener können das nicht überleben“, warnt er. „Selbst wenn Zahlungen geschoben werden können, das können die doch nie wieder aufholen.“

Corona-Krise: Kurzarbeitergeld reicht nicht für den Lebensunterhalt

Wäge ist seit dem 23. März in Kurzarbeit, heruntergestuft auf 67 Prozent – das macht 1300 Euro netto, mit denen er seinen Lebensunterhalt kaum bestreiten kann. Den Unterhalt, den er für seinen Sohn zahlen muss, kann er nicht mehr aufbringen. Mit dem Einkommen sei er aber „kurz über dem Satz, da bekomme ich auch vom Jobcenter nichts.“

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Wie Kettner ist auch Wäge enttäuscht, dass die Gastronomie-Branche so hängen gelassen wird. „Obwohl wir eigentlich ein wichtiger Bestandteil sind, den Leuten Freude und Lebensqualität schenken, wird das nicht honoriert.“ Der 54-Jährige appelliert: „Auch wenn es toll ist, wenn Unternehmen unterstützt werden – man darf jetzt nicht die kleinen Arbeitnehmer vergessen!“

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Das sieht auch die Hamburger Links-Fraktion so – und stellt einen Antrag an den Senat, in dem sie eine Aufstockung des Kurzarbeitergelds auf 90 Prozent aus städtischen Mitteln fordert. Bei Zeitarbeitsfirmen solle darauf hingewirkt werden, dass auch hier die Mitarbeiter in Kurzarbeit gehen könnten, statt gekündigt zu werden. Solo-Selbstständige sollen 1250 Euro monatlich erhalten.

„Es muss dafür gesorgt werden, dass Menschen diese Zeit überstehen, ohne auf Sozialhilfen zurückgreifen zu müssen“, fasst Silke Kettner zusammen. Die Arbeitnehmer selbst könnten schließlich nichts dafür, dass sie gerade nicht arbeiten können.

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