Corona-Ausbruch in Flüchtlingsunterkunft: Hamburgs Behörden reagieren auf Kritik
Rahlstedt –
Nachdem in einer Flüchtlingsunterkunft in Rahlstedt 69 Menschen positiv auf das Coronavirus getestet wurden, müssen viele weitere in Quarantäne ausharren. Eine Bewohnerin schilderte am Dienstag in der MOPO, sie empfinde die Quarantäne wie ein Gefängnis. Der Hamburger Flüchtlingsrat und die Linke fordern eine Entzerrung der Unterbringung. Jetzt reagierten das zuständige Einwohnerzentralamt und Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) auf die Vorwürfe.
„Wir wollen natürlich niemanden dort länger als nötig in Quarantäne halten, das Vorgehen erfolgt in enger Abstimmung mit dem örtlichen Gesundheitsamt“, sagte Grote auf der Landespressekonferenz am Dienstag. Da die Einrichtung am Neuen Höltigbaum schon voll gewesen sei, habe man eine neue Einrichtung am Bargkoppelweg für die Quarantäne genutzt.
Flüchtlingsunterkunft in Rahlstedt: Stimmung ist angespannt
In Rahlstedt wurden die infizierten Bewohner in eine Unterkunft am Neuen Höltigbaum verlegt. Weitere Bewohner kamen in eine Quarantäneunterkunft, die sich ebenfalls in Rahlstedt einige Straßen weiter befindet. Am Freitag gab es in dieser Unterkunft erneut einen Massentest, bei dem sechs der Geflüchteten positiv auf Corona getestet und daraufhin verlegt wurden. Die angespannte Stimmung unter den Geflüchteten führte dann am Montag zu einem Polizeieinsatz vor Ort.
„Das Ankunftszentrum in Rahlstedt mit seinen großen Hallen, die nur in Kompartments unterteilt sind, bietet gute Bedingungen für die Ausbreitung des Virus“, so Carola Ensslen, flüchtlingspolitische Sprecherin der Linken. Sie warf dem Senat daher vor, „grob fahrlässig“ zu handeln, wenn er sämtliche Forderungen nach einer entzerrten Belegung in den Unterkünften ignoriere. Gemeinsam mit dem Hamburger Flüchtlingsrat demonstrierte sie am Sonnabend vor der Einrichtung.
Hamburgs Innensenator: „Schilderungen können wir nicht bestätigen“
„Wir bemühen uns, in den Unterkünften um eine gelockerte Belegung“, so Grote. Auch die Einrichtung am Bargkoppelweg sei nur zu einem Drittel belegt. Das Einwohnerzentralamt bestätigte gegenüber der MOPO, dass in der Unterbringung 163 von 346 möglichen Plätzen belegt sind. „Was es dort an Schilderungen gibt, das können wir nicht bestätigen. Wir glauben, dass es eine ordentliche Unterbringung ist und auch eine ordentliche Versorgung stattfindet“, so Grote.
Einwohnerzentralamt wehrt sich gegen Vorwürfe
Eine Bewohnerin der Einrichtung hatte der MOPO geschildert, dass sie gemeinsam mit sechs weiteren Frauen und deren Babys in einem Raum schlafen müsse, zudem gebe es keine Waschmaschine.
Das Einwohnerzentralamt schreibt, es seien dort 13 Babys untergebracht, in sechs verschiedenen Bereichen. Es sei zutreffend, dass im Bargkoppelweg keine Waschmaschinen vorhanden sind. Es gebe jedoch für jeden Bewohner die Möglichkeit, die Wäsche abzugeben, die dann in einer benachbarten Einrichtung gewaschen, getrocknet und zurückgebracht werde.
Hamburg: Größter Corona-Ausbruch in Erstaufnahmeeinrichtung
Der Corona-Ausbruch im Bargkoppelweg ist der bisher größte in einer Hamburger Erstaufnahmeeinrichtung. Insgesamt wurden bisher in vier Einrichtungen Menschen positiv auf Corona getestet. In den anderen drei Unterkünften waren es jeweils ein Fall und einmal fünf Fälle.
Der Ausbruch in Rahlstedt sei ähnlich wie an den Schulen zu bewerten, sagte Grote. Die Ansteckungen hätten nicht aufgrund der Enge stattgefunden. Viele Menschen, die sich vorher auch frei in der Stadt bewegen konnten, hätten die Infektion hineingetragen. Im Bargkoppelweg seien die Infektionen in ganz unterschiedlichen Bereichen ausgebrochen.
Hygienepläne, Schutzkonzepte und Gespräche
Vor der Unterbringung in einer Zentralen Erstaufnahme werden regulär alle ankommenden Personen getestet und bis zum Vorliegen des Testergebnisses isoliert untergebracht. Erst danach werden sie in die Einrichtungen verlegt.
„Für die Einrichtungen wurden umfangreiche Hygienepläne und Schutzkonzepte ausgearbeitet (zum Beispiel wurden Reinigungsintervalle erhöht, Oberflächen und Türen gesondert desinfiziert)“, so das Einwohnerzentralamt. Es werde auf die Einhaltung der AHA-Regeln geachtet, die Hygieneregeln auf mehrsprachigen Flyern und in persönlichen Gesprächen erklärt.