Corona-Unsicherheit: Strand, HVV, Park: Was man machen sollte – und was nicht
Hamburg –
Erneut mehr als 1000 Corona-Fälle in der Bundesrepublik, 80 Neuinfektionen in Hamburg am Freitag, 54 am Samstag. Gleichzeit ist das Wetter richtig gut. Den Hamburgern steht ein Hitze-Wochenende bevor. Heißt: Die Menschen wollen raus, sich am Elbstrand treffen, an die Ostsee fahren. Viele Hamburger fragen sich: Wie verhalte ich mich eigentlich richtig?
Die Zahlen, die das Robert-Koch-Instituts (RKI) am Freitag herausgegeben hat, klingen nicht gut: 1147 nachgewiesene Neuninfektionen mit dem Coronavirus bundesweit, in Hamburg sind es derer 80 – der höchste Wert seit dem 18. April. Und das zu Beginn eines Hitze-Wochenendes, an dem es viele an die Seen und Küsten, aber auch in den Hamburger Stadtpark und ans Elbufer zieht.
Gemeinden warnen vor einem Besucheransturm und befürchten, dass neue Infektionsherde entstehen könnten. Sind die neuen Entwicklungen Grund zur Sorge? Sollte man auf den Ausflug an die Ost-, Nord- oder an einen Hamburger Badesee lieber verzichten?
Corona in Hamburg und am Meer: Tipps für richtiges Verhalten am Wochenende
„Nein“, sagt Virologe Prof. Andreas Podbielski vom Institut für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene (IMIKRO) der Universität Rostock. „Wenn der empfohlene Mindestabstand von 1,50 Metern eingehalten wird, spricht nichts gegen einen Besuch am Strand. Was die Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus betrifft, ist es draußen immer noch am sichersten.“
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Trotzdem sind die Gemeinden beispielsweise an den Ostseestränden beunruhigt, fürchten sich vor großen Besucherstürmen und potentiellen Corona-Ausbrüchen. So hat nun zum Beispiel die Gemeinde Timmendorfer Strand in Schleswig Holstein die Strandampel eingeführt, die auf strandticker.de eingesehen werden kann und anzeigt, wann ein Strandabschnitt voll ist. Bislang hatte die Gemeinde auf diese Maßnahme, die bereits an mehreren Stränden an Nord- und Ostsee genutzt wird, verzichtet.
Timmendorfer Strandampel steht schon am Donnerstag auf Rot
Schon am frühen Donnerstagnachmittag stand die Ampel für die meisten Strandabschnitte von Timmendorfer Strand auf Rot. Die stellvertretende Bürgermeisterin der Gemeinde, Melanie Puschaddel-Freitag, sagte dem „NDR“ am Mittwochvormittag, dass keine Tagesgäste mehr aufgenommen werden können. Die Kapazitätsgrenzen auf Parkplätzen und am Strand seien erreicht. Damit die Corona-Sicherheitsabstände auch weiterhin eingehalten werden können, ruft die Gemeinde deshalb alle Tagestouristen auf, vorerst nicht mehr nach Timmendorf zu kommen.
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Maßnahmen wie in Büsum oder auf Helgoland, wo in verschiedenen Straßen zu bestimmten Uhrzeiten Maskenpflicht herrscht und teilweise der Verzehr von Eis oder Fischbrötchen verboten ist, hält Virologe Podbielski für eine „Möglichkeit, das Infektionsrisiko noch weiter zu minimieren.“ Zwingend notwendig seien sie jedoch nicht, da die Luft auf Promenaden und an Gewässern grundsätzlich in Bewegung und das Ansteckungsrisiko somit sehr gering sei. „Um sich draußen anzustecken, muss man schon direkt die ausgeatmete Luft des Gegenübers einatmen.“
In öffentlichen Verkehrsmitteln ist das Infektionsrisiko erhöht
Eine Gefahr sieht der Virologe eher woanders. „In öffentlichen Verkehrsmitteln ist das Infektionsrisiko durchaus erhöht, da es sich hierbei um einen geschlossenen Raum handelt.“ Gerade in überhitzten Bussen könnte das an diesem Wochenende zu einem Problem werden, „da aufgrund der Temperaturen häufiger ein- und ausgeatmet wird.“ Podbielski rät dazu, lieber auf das Fahrrad oder – wenn nicht anders möglich – auf das private Auto zurückzugreifen.
Vorsicht ist also immer noch geboten, aber muss man sich ernsthafte Sorgen machen? „Es gibt zwar mehr Neuinfektionen, aber die Zahl der schwer erkrankten Patienten ist immer noch vergleichsweise gering. Ich bekomme nichts davon mit, dass besonders viele Infizierte auf den Intensivstationen landen.“
Reiserückkehrer schuld am hohen Infektionsgeschehen
Ähnlich sieht es auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, der anlässlich der Nachricht über die 1000 Neuinfektionen am Donnerstag im „ZDF erklärte: „Im Moment sind wir in jedem Fall noch in einer Größenordnung, mit der das Gesundheitswesen und der öffentliche Gesundheitsdienst umgehen kann.“ Eine kritische Schwelle sieht der Minister demnach nicht überschritten.
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Der Anstieg der Neuinfektionen erklärt sich durch die vielen Urlaubsrückkehrer aus Risikogebieten. Parallel dazu gehen in den Bundesländern die Sommerferien nach und nach zu Ende – und trotz unterschiedlichster Schutzmaßnahmen treffen viele Schüler auf engstem Raum aufeinander. Ein zusätzliches Risiko – in Mecklenburg-Vorpommern wurde am Freitag bekannt, dass bereits nach wenigen Tagen zwei Schulen wegen Coronafällen vorerst wieder schließen müssen.
Podbielski: Schulen sollten „weiterhin geöffnet bleiben“
Virologie Podbielski sieht die Schulöffnung dennoch positiv: „Ich bin dafür, dass sie weiterhin geöffnet bleiben. Infektionen bei Lehrerinnen und Lehrern konnten bisher hauptsächlich auf das private Umfeld zurückgeführt werden, einen Zusammenhang mit der Schule gab es selten. Es ist für die Schüler auch aus psychologischen Gründen wichtig, dass sie wieder einen geregelten Schulalltag haben.“
Der Virologe hat ohnehin eine Empfehlung, wie künftig gesellschaftlich mit dem Virus umgegangen werden sollte: „Wir können ja nicht ewig vor dem Coronavirus hocken wie das Kaninchen vor der Schlange und in Schreckstarre verfallen, wenn wir das Wort Covid hören. Machen wir uns nichts vor: dieses Virus wird noch lange in unserer Gesellschaft bleiben.“