• Dichtes Gedränge vor dem „Drob Inn“ am Dienstagmittag.
  • Foto: Marius Röer

Coronavirus: Zuhause bleiben! Warum manche Menschen das nicht können

In einem sind sich gerade viele einig: Bleibt zuhause“ rufen Politiker, Ärzte, Journalisten und auch viele Privatpersonen in die Welt – und sie alle haben die allerbesten Gründe. Was einige übersehen bei all den coolen Piano-Videos, den Klopapier-Challenges, dem dankbaren Geklatsche um 21 Uhr: Viele können das gar nicht, zuhause bleiben. Und auch mit ihnen müssen wir solidarisch sein. Ein Kommentar. 

Manchmal prallen Wahrheiten aufeinander und es scheint einfach keine Lösung zu geben. In diesem Fall geht es um die Wahrheit, dass wir derzeit alle Regeln einhalten müssen, die das Infektionsrisiko senken. Demgegenüber steht, dass es Gruppen gibt, die diese Regeln nicht, oder nur eingeschränkt befolgen können und auch sie haben ein Recht auf unsere Solidarität.

Ja, wir alle sollten, nein müssen uns einschränken. Unser Leben, zumindest wie wir es kennen, ist seit einigen Tagen nicht mehr dasselbe. Das Gebot der Stunde, vorgegeben von Ärzten, auf die unter normalen Umständen eher zu wenig gehört wird: Kontaktverbote, Einschränkungen, Selbstisolation.

Bleibt zu Hause! Warum viele Menschen das nicht können

Und das ist gut so. Und, das muss man an dieser Stelle sagen: Diese Gebote werden mehrheitlich eingehalten. Nur selten meldet die Polizei in Hamburg und anderswo Verstöße. Wäre es anders, hätten wir in Deutschland eine Ausgangssperre, so wie in vielen angrenzenden Ländern.

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Wen wir bei all dem Einhalten von Abstandsregeln, Hygieneverordnungen und zuhause bleiben nicht vergessen dürfen sind Gruppen, die diese Verordnungen nur bedingt einhalten können: Obdachlose, Geflüchtete, Drogensüchtige, Arme. Wenn sich vor den Konsumräumen des „Drob Inn“ am Hauptbahnhof, wie an jedem Tag, rund 50 Menschen mit Drogenproblemen auf engem Raum aufhalten, dann bestimmt nicht, weil sie das witzig finden.

Das Problem haben Obdachlose, Drogensüchtige, Geflüchtete und Arme

Ebenso ergeht es Geflüchteten, die teilweise immer noch in Unterkünften auf engstem Raum leben. Es geht Obdachlosen so, die aufgrund eingestellter Hilfe durch die Tafel und Co. besonders auf den öffentlichen Raum angewiesen sind, weil sie nirgends anders hin können.

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Und, was viele vergessen: Auch für Menschen, die an der Armutsgrenze leben, ist der öffentliche Raum ein Zufluchtsort. Für Menschen, die auf engem Raum in Drei-Generationen-Haushalten leben, haben der Park, die Fußgängerzone und das Einkaufszentrum eine andere Bedeutung, als für Bewohner von Altbauwohnungen in Winterhude und Eimsbüttel.

In einer solidarischen Gesellschaft ist Verantwortung ungleich

Klar, dem gegenüber steht die Verpflichtung, das Risiko einer Ansteckung zu minimieren. Eine wirklich solidarische Gesellschaft muss aushalten, dass auch die Verantwortung ungleich verteilt wird – und diesmal ist das Wort ungleich nicht negativ gemeint. Sondern: Ein Jeder hat in dieser Krise so viel Verantwortung wie er tragen kann. Der eine mehr, der andere weniger.

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