Demo in Hamburg: 14.000 protestieren gegen Rassismus – Ausschreitungen im Nachgang
Altstadt –
Eine Welle der Solidarität in Hamburg: Mehrere Tausend Menschen haben sich am Samstag in der Innenstadt versammelt und gegen Rassismus und Polizeigewalt demonstriert. Die Polizei sprach zuletzt von 14.000 Teilnehmern am Jungfernstieg und am Rathausmarkt, erlaubt waren wegen der Coronamaßnahmen eigentlich nur insgesamt 800.
Die Protestaktion war zuvor unter dem Motto „Nein zu Rassismus – Gemeinsam sind wir stark“ angekündigt und in sozialen Netzwerken verbreitet worden. Eine Privatperson hat die Demo am Jungfernstieg für 525 Teilnehmer angemeldet. Am Samstag sind allerdings deutlich mehr Menschen auf die Straßen gegangen. Nach mehreren Gesprächen mit der Polizei erklärte der Versammlungsleiter die Veranstaltung offiziell für beendet, viele demonstrierten trotzdem weiter.
Mega-Demo in der City: 14.000 Hamburger protestieren gegen Rassismus
Eine weitere Kundgebung war für den nahegelegenen Rathausmarkt angemeldet. Auch dort tummeln sich Menschenmassen: Laut unseres Reporters vor Ort kam es zu bewegenden Momenten. Bei einer Schweigeminute am Jungfernstieg und am Rathaus knieten sich alle Protestler hin. Im Anschluss wurde geklatscht, die Menschen riefen „Alle zusammen gegen den Rassismus“, „No justice no peace“ und „Black Lives Matter“. Alle Teilnehmer seien friedlich und darum bemüht gewesen, trotz der Menschenmassen Abstand zu halten. Fast alle trugen außerdem einen Mund-Nasen-Schutz.
Im Anschluss an die friedliche Kundgebung kam es zu Auseinandersetzungen zwischen einer Gruppe Demonstranten und der Polizei. Aus der Gruppe heraus sei Pyrotechnik gezündet worden. Drei Beamte seien verletzt worden, sagte eine Sprecherin. Einige Vermummte hätten Banner entrollt mit der Aufschrift „Bullenschweine“ und „ACAB“, was für „All cops are bastards“ (Alle Polizisten sind Bastarde) steht. Die Polizei fuhr mit Wasserwerfern vor. Nach Angaben eines dpa-Fotografen vor Ort flogen auch Steine.
Die Auseinandersetzungen verlagerten sich im Laufe des Nachmittags und des Abends immer wieder in andere Straßen, weg von der Binnenalster und dem Rathausmarkt, wo vorher die friedlichen Kundgebungen stattgefunden hatten. Nach Angaben der Polizei ging es um eine Gruppe von 300 bis 400 Menschen. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein. Um 21.30 Uhr sagte der Polizei der MOPO, dass sich die Situation langsam auflösen würde. Es habe 30 bis 35 Festnahmen und Ingewahrsamnahmen gegeben.
Proteste in der Hamburger City: Polizei startet Aufruf an Teilnehmer
Die Hamburger Polizei hatte bereits vor den Demonstrationen ihre Solidarität erklärt. „Wir sind an eurer Seite!“, twitterte sie vor Beginn der Kundgebungen. „Rassismus darf in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. Wir arbeiten täglich dafür, dass sich alle Menschen in Hamburg sicher fühlen können.“
Die Polizei rief alle Teilnehmer auf, die Auflagen wie Abstandsregeln und das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen einzuhalten. Die Teilnehmerzahlen seien wegen der Coronakrise begrenzt. Die Polizei erklärte in den Tweets, ihr Auftrag sei es, Straftaten zu verfolgen und Gefahren abzuwehren. „Wenn wir entsprechend einschreiten, dann tun wir dies unabhängig von Hautfarbe, Religion oder sozialem Status einer Person“, hieß es.
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Für die beiden größeren Kundgebungen am Samstag am Jungfernstieg und am Rathausmarkt gab es Ausnahmegenehmigungen für insgesamt etwa 800 Demonstranten. Bereits am Vortag hatten etwa 4500 Menschen vor dem US-Konsulat am Alsterufer in Hamburg gegen Rassismus und Polizeigewalt demonstriert – angekündigt waren lediglich 250.
Zehntausende protestierten in ganz Deutschland gegen Rassismus
Die Kundgebungen reihen sich ein in die weltweiten Proteste nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz in Minneapolis. Die Demonstrationen am Samstag fanden nicht nur in Hamburg, sondern bundesweit statt: Afrodeutsche Initiativen hatten in rund 20 Städten zu den Protesten unter dem Motto „Silent Demo“ aufgerufen, an denen Zehntausende Menschen teilgenommen haben. (mhö/dpa)