Dörflichkeit in der Großstadt: Warum in Hamburg plötzlich Hofläden boomen
Uhlenhorst –
Fleisch von Bauernhöfen der Region in Hamburg: Der Hofladen „EinStückLand“ hat in der Stadt einen neuen Laden eröffnet, die „Speisekammer“. Auf der Uhlenhorst wird jetzt Fleisch von artgerecht gehaltenen Tieren angeboten. Der Trend geht klar zu regionalen landwirtschaftlichen Produkten.
Den Hofladen „EinStückLand Speisekammer“ in Kayhude (Kreis Segeberg) gibt es schon länger, nun hat ein weiterer an der Papenhuder Straße auf der Uhlenhorst eröffnet. Drinnen stehen Hinrich Carstensen und Lina Kypke. Sie sind die Gründer von „EinStückLand“, einem Crowd-Butching Start-up, das Fleisch aus artgerechter Tierhaltung und Produkte aus ökologischer Landwirtschaft verkauft.
Hofladen vermarktet alles am Tier
Ihr Konzept: das ganze Tier vermarkten. Die „Speisekammer“ verkauft sämtliche Teile von Rind und Schwein. „Die Leute kaufen am liebsten Filet, davon ist aber am wenigsten da. Das ist kontraproduktiv“, sagt Carstensen.
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„Das Besondere bei uns ist, dass man alles vom Tier bekommt. Egal ob Zunge, Leber, Herz oder Ochsenschwanz.“
Dabei setzen die Betreiber auf Nachhaltigkeit und Regionalität. „Uns ist wichtig, dass das Tier so wenig Stress wie möglich hat. Es wächst in Schleswig-Holstein artgerecht auf, es wird dort geschlachtet und zerlegt, da werden die Transportwege kurz gehalten“, erläutert Carstensen.
Neben Fleisch auch Wein und Kaffee erhältlich
Zudem werden Pakete erst ab einem Gewicht von dreieinhalb bis vier Kilo verschickt. Neben regionalem Fleisch verkauft der Hofladen außerdem Wein aus eigener Herstellung sowie Kaffee, der gemeinsam mit der Rösterei Black Delight aus Altona produziert wird.
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Schon kurz nach der Eröffnung gibt es viele positive Reaktionen von zahlreichen Kunden für den neuen Laden. Viele von seien neugierig und stellten viele Fragen zur Herkunft der Produkte, sagt Carstensen. Er beobachtet einen klaren Anstieg der Nachfrage bezüglich regionalem Fleisch.
Corona-Pandemie sorgt bei Kunden für erweitertes Bewusstsein
Nicht zuletzt die Corona-Pandemie habe dabei für ein erweitertes Bewusstsein der Kunden bezüglich der Herstellung gesorgt. „Fleischskandale wie der von Tönnies sorgen dafür, dass sich die Menschen mehr für die Bedingungen in der Fleischproduktion interessieren“, sagt Carstensen.
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Auch Ulf Schönheim verzeichnet einen Anstieg der Nachfrage nach regionalen Lebensmitteln. Er ist Sprecher der Regionalwert AG Hamburg, eine von mittlerweile sechs Bürger-Aktiengesellschaften in Deutschland.
Nachfrage wächst schneller als Angebot
Zum nun schon fünften Mal gibt die Aktiengesellschaft rund 500 Anteilsscheine mit einem Gesamtwert von 900.000 Euro aus. Mit dem Geld sollen Betriebe der regionalen, ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft gestärkt werden.
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Schönheim benennt ein Problem: Es gebe eine immer größer werdende Diskrepanz zwischen der wachsenden Nachfrage nach regional erzeugten Produkten und dem zu knappen Angebot. „In den letzten Jahren lassen sich Wachstumsraten von sieben bis zehn Prozent pro Jahr in der Nachfrage verzeichnen. Gleichzeitig hinkt aber die Umstellung hinterher, was heißt, dass Sie immer mehr importieren müssen“, sagt er. „Die Nachfrage wächst meistens schneller als das Angebot hierzulande“.
Stadt muss Landwirten Perspektive bieten
Demnach müsse sich die Stadt diesbezüglich stärker einsetzen und Landwirten eine Perspektive bieten. Hamburg gehört seit 2016 zum Bio-Städte-Netzwerk. Damit hat sich die Stadt verpflichtet, öko-regionale Erzeugung zu unterstützen und sich für gesunde Ernährung und Nachhaltigkeit einzusetzen.
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Schönheim ist diesbezüglich jedoch nicht zufrieden: „Das Angebot von Bio-Lebensmitteln in Hamburg, etwa in Kantinen, ist meiner Meinung nach noch nicht ausreichend“, sagt er. „Ich glaube, es gibt viele gute Ansätze, aber da könnte man politisch noch mehr tun und schneller werden. Die Politik hätte da einen großen Hebel.“