• Links: So präsentiert sich Omaima A. nach ihrer Rückkehr aus Syrien in Hamburg. Rechts: Dieselbe Frau vor einigen Jahren: eine glühende Anhängerin des IS.
  • Foto: Al-Alan TV

Hamburg darf kein sicherer Hafen sein: IS-Frauen sind Täter und keine Opfer!

Erinnern Sie sich noch? An die Fotos und an die Videos voller Gräueltaten des sogenannten Islamischen Staates (IS)? In den eroberten Gebieten in Syrien und im Irak errichtete der ein „Kalifat“ – eine religiös-fanatische Schreckensherrschaft mit öffentlichen Massenexekutionen, Enthauptungen, Verbrennungen bei lebendigem Leib, Steinigungen und Verstümmelungen. Frauen und Mädchen wurden versklavt, verkauft und vergewaltigt. Jungen wurden als Kindersoldaten missbraucht, erlitten schwerste Misshandlungen. 

Und im August 2014 begann der IS einen Völkermord – den an den Jesid:innen. Ich befand mich kurz drauf an der Grenze zu Kobanê. Zu dem Zeitpunkt verteidigten die kurdischen Kämpfer und Kämpferinnen die Stadt gegen heftige Angriffe des IS. An der Grenze wurden auch die geflüchteten Jesid:innen versorgt und untergebracht.

Hamburg: IS-Frau zu Gefängnis verurteilt

Sie berichteten uns von unvorstellbarem Leid, erlitten unvorstellbare Qualen. Bei mir war und blieb bis heute ein Gefühl von unbeschreiblicher Wut und Ohnmacht. Es verfolgt mich seither die Frage, wie Menschen zu solchen Taten in der Lage sein können.

Cansu Özdemir

Die Autorin: Cansu Özdemir (32) ist Co-Fraktionsvorsitzende der Linken in der Hamburgischen Bürgerschaft und deren Sprecherin für Justiz- und Frauenpolitik. Seit 2014 recherchiert die Feministin zu islamistischen Netzwerken und ist aktiv in der kurdischen Community.

Foto:

HFR / Die Linke

Vor diesem Hintergrund macht es mich fassungslos, welche Wirkung das weltweit verbreitete Propagandamaterial in den unterschiedlichsten Ländern hatte. Männer und Frauen sympathisierten mit dieser mörderischen Ideologie und der Schreckensherrschaft des IS. Sie bildeten Netzwerke, sie warben für den IS und sie unterstützten den Terror finanziell. Und Frauen bildeten sogenannte „Schwesternetzwerke“. Sie zogen in den „Dschihad“, patrouillierten bewaffnet als sogenannte Sittenpolizei im Sinne der IS-Ideologie. Sie waren bei den Gräueltaten dabei.

Omaima A.: Aus Hamburg mit drei Kindern nach Syrien

So auch Omaima A. aus Hamburg. 2012 heiratete sie den Frankfurter Salafisten Nadir Hadra. Das Ehepaar reiste 2015 mit seinen drei Kindern nach Syrien. Nach dem Tod ihres Mannes heiratete die Hamburger Dschihadistin dann den Berliner Ex-Rapper Deso Dogg (Denis Cuspert), den wohl bekanntesten deutschen IS-Terroristen.

Er tauchte in einem Propagandavideo auf, in dem Männer geköpft wurden und er Leichen der getöteten Menschen schändete. 2016 kehrte Omaima A. mit ihren mittlerweile vier Kindern zurück nach Hamburg, arbeitete nach eigenen Angaben als Übersetzerin und Eventplanerin.

Omaima A.: Auf Fotos posierte sie mit Kalaschnikow

Drei Jahre lang lebte sie unbehelligt bis zum April 2019. Zu diesem Zeitpunkt veröffentlichte die libanesische Journalistin Jenan Moussa Daten vom Handy von Omaima A. Auf den Bildern posierte sie mit einer Kalaschnikow, ihre Tochter war voll verhüllt mit einer Fahne des IS und ihr Sohn in militärischer Kleidung zu sehen.

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Doch die Anfrage der Linksfraktion an den Senat hatte ergeben, dass Omaima A. nach ihrer Rückreise nicht (!) als Gefährderin eingestuft wurde. Sie wurde erst nach dem Bekanntwerden des entlarvenden Bildmaterials im September 2019 festgenommen.

Omaima A. bei ihrer Verhaftung in Hamburg

Vermummte Beamte bringen Omaima A. nach ihrer Verhaftung in Hamburg zu einem wartenden Helikopter. 

Foto:

picture alliance/dpa

Wie konnte Omaima A. über einen so langen Zeitraum unbehelligt in Hamburg leben? Wie viele andere aus dem Horror-Regime des IS zurückgekehrte Frauen leben heute unbehelligt in Hamburg und kommen ungestraft davon? Warum haben die Sicherheitsbehörden nicht reagiert?

Fragen, die unbeantwortet blieben. Antworten gibt es nur auf Omaima A.s Behauptung, dort als völlig ahnungslose Hausfrau gelebt zu haben. Das Hanseatische Oberlandesgericht hat sie am vergangenen Freitag wegen ihrer Mitgliedschaft im IS, wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, die Verletzung ihrer Fürsorgepflicht und wegen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit für schuldig befunden. Sie muss für drei Jahre und sechs Monate ins Gefängnis.

Vor dem Hintergrund ihrer Taten ist das ein recht mildes Urteil – dennoch ist es ein wichtiges politisches Signal. Denn dieser Prozess hat bewiesen: IS-Frauen sind keine sorgenden Mütter, keine unschuldigen Hausfrauen. Die Rolle der Frauen im „Kalifat“ darf nicht verharmlost werden. Der einzige Unterschied zu den Männern: An der Front kämpfen dürfen sie nicht.

Ohne die Frauen gäbe es den Krieg und den Terror des IS nicht

Doch der ganze Krieg und all der Terror des IS kann ohne die Frauen gar nicht laufen. Würden ihre Frauen das IS-Regime boykottieren, könnten sich die Islamisten nicht lange halten. Würden sie nicht die Kinder dieser Männer auf die Welt bringen, würde das System zusammenbrechen.

Und sie spielen auch in ihren Herkunftsländern eine wichtige Rolle, da sie die Vernetzung in der realen und der virtuellen Welt fördern – wie die Aktivitäten von Omaima A. gezeigt haben. Der Fall Omaima A. und andere laufende Prozesse machen deutlich: IS-Frauen sind Täterinnen genau wie ihre Männer und keine Opfer. Und sie gehören vor Gericht.

Hamburg darf die Opfer nicht im Stich lassen

Viel zu lange hat der Westen die Opfer im Stich gelassen. Ja, vor allem auch Deutschland! Jetzt haben wir die Möglichkeit und die Pflicht, dem Gedenken an die Opfer dieser Frauen, darunter all die Jesid:innen, gerecht zu werden. Weder Hamburg noch andere deutsche Städte dürfen ein sicherer Hafen für Kriegsverbrecher:innen sein!

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