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Kinderkriegen in Corona-Zeiten: Die knifflige Lage in Hamburgs Kreißsälen

Die Geburt eines Kindes ist für Eltern ein großartiges Erlebnis – und lässt sich auch in Corona-Zeiten weder aufhalten noch verschieben. Aufgrund der Pandemie gelten in den Krankenhäusern allerdings besondere Besuchs- und Hygieneregeln. Väter mussten oft vor der Tür warten, anstatt die Stunden vor der Geburt an der Seite der Partnerin zu verbringen. Wie sieht die Lage mittlerweile in den Kreißsälen im Norden aus?

Bis hierhin und nicht weiter! Das mussten viele werdende Väter in den vergangenen Monaten hören, während ihre Partnerin mit Wehen stationär aufgenommen wurde. Das Coronavirus zwang die Krankenhäuser zu stärkeren Hygienemaßnahmen und Besuchsrestriktionen – auch für Geburten.

Das bekommt auch Johanna Popiesch zu spüren. Sie wohnt mit ihrem Freund auf Sylt, dort gibt es derzeit keine Entbindungsstation. Deshalb wollte die 33-Jährige nach Hamburg, um dort ihr Kind zu bekommen. „Am 23. Juli ist der geplante Geburtstermin“, erzählt sie im Gespräch mit der MOPO. „Wir wären dann eine Woche vorher nach Hamburg zu unserer Familie gekommen und hätten uns dort eingenistet, bis es losgeht.“ Doch der Plan hat sich geändert.

Geburten in Zeiten von Corona: Väter dürfen mit in den Kreißsaal

Am 18. Juni hatte sie Gespräche in zwei Krankenhäusern in Hamburg, um sich für die Geburt anzumelden – unter anderem im Marienkrankenhaus in Hohenfelde. „Ich musste alleine dorthin aufgrund der Corona-Situation“, sagt sie, „völlig verständlich.“ Das, was sie dort dann allerdings erfuhr, ließ ihr die Tränen in die Augen steigen. „Mein Freund hätte nur während der aktiven Geburt dabei sein dürfen, hieß es“, erzählt Popiesch. „Wenn die Fruchtblase platzt, der Muttermund aber noch nicht weit genug geöffnet ist, dann hätte er nicht mit ins Krankenhaus kommen dürfen.“

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Und auch nach der Geburt hätte der Vater sofort das Krankenhaus wieder verlassen müssen. Pro Tag sei dann eine Stunde Besuchszeit erlaubt. „Das erste Kind will man doch zusammen durchstehen“, so Popiesch. „Ich weiß, dass ich kein Sonderfall bin und es eine allgemeine Krankenhausregel ist. Trotzdem kann ich nicht verstehen, dass es dann gleichzeitig überall Lockerungen gibt“, beschwert sich die Bürokauffrau. 

Geburten in Zeiten von Corona: So sieht es in den Krankenhäusern aus

Jetzt, gut zwei Wochen später, fangen aber auch die Krankenhäuser in Hamburg an, die Besuchsregelungen insbesondere für werdende Väter in ihren Häusern nach und nach zu lockern. In Hamburg sieht die neu beschlossene Verordnung ab dem 1. Juli vor, dass „durch Einschränkungen der Besuche dafür gesorgt wird, dass der Eintrag von Coronaviren erschwert wird.“

Das bedeutet, dass die Krankenhäuser je nach den örtlichen Gegebenheiten Regelungen zum Schutz ihrer Patienten treffen. Je nach Station, Patientensituation und Zugangsmöglichkeiten im Krankenhaus können die Regelungen demnach unterschiedlich sein. Die Verordnung verbietet es Vätern allerdings nicht, im Kreißsaal zu sein – bis heute und auch künftig nicht.

UKE: Mitarbeiter des Kreißsaals können Besuche nach Geburt eingrenzen

Das Universitätsklinikum Eppendorf bittet weiterhin um Verständnis, dass derzeit in allen Hamburger Krankenhäusern nach der Verordnung zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus ein eingeschränktes Besuchsrecht gelte. „Für die Zeit der Entbindung kann der Partner dabei sein. Sofern Familienzimmer verfügbar sind, kann die junge Familie auch hier einziehen“, schreibt das UKE auf MOPO Anfrage. Nach der Geburt gelte für Väter die 1-1-1- Regelung (Eine Person für eine Stunde einmal am Tag). „Bei der Begleitung von Schwangeren zur Geburt besteht eine Ausnahmereglung. Dennoch obliegt es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kreißsaals und der Geburtsstation, den Besuchszeitraum des Angehörigen einzugrenzen“, fährt das UKE fort.

Das Agaplesion Diakonieklinikum: Familienzimmer noch nicht geöffnet

Im Agaplesion Diakonieklinikum Hamburg, wo Johanna Popiesch sich ebenfalls für die Geburt anmelden wollte, wurde ab dem 1. Juli das allgemeine Besuchsverbot wieder aufgehoben. „Eine Person kann pro Tag eine Stunde den Patienten besuchen“, so Pressesprecherin Ute Schlemmer. „Familienzimmer werden allerdings noch nicht wieder benutzt, Schwangere dürfen ihren Partner zur Geburt aber mitbringen.“ Das gelte auch für die Zeit vor der aktiven Geburt. Danach dürfe der Vater eine Stunde pro Tag zu Besuch kommen. Kleinere Kinder, die mit zur Familie gehören, dürften allerdings noch nicht mit.

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Die Asklepios Kliniken: Kein Besuchsstopp bei Schwangeren

Die Asklepios Kliniken verweisen ebenfalls auf die 1-1-1 Regelung. „Das wird jetzt aber absehbar gelockert“, so Pressesprecher Matthias Eberenz. „Wir können davon ausgehen, dass wir bald in Richtung Normalbetrieb gehen. Allerdings müssten die Abstände weiterhin eingehalten werden und die gebotene Vorsicht gewahrt bleiben. „Während der Geburt durften die Väter immer dabei sein, solange sie symptomfrei waren“, erzählt er weiter. „Und wir hatten auch nie einen Besuchsstopp bei Schwangeren und auf der Palliativstation. Dort müssen die Menschen die Möglichkeit haben, einen geliebten Menschen zu sehen.“ Familienzimmer seien derzeit auch wieder in Betrieb und könnten genutzt werden.

Abertinen Krankenhaus: Väter dürfen die ganze Geburt begleiten

Auch im Albertinen Krankenhaus und im Evangelischen Amalie Sieveking Krankenhaus gibt es die Möglichkeit eines Familienzimmers. „Das zweite Elternteil darf die ganze Geburt begleiten und danach im Familienzimmer bis zur Entlassung bleiben. Steht kein Familienzimmer zur Verfügung, so geht der zweite Elternteil wie üblich irgendwann nach Hause und nutzt danach die Besuchsmöglichkeiten nach Rücksprache beziehungsweise zu den definierten Besuchszeiten“, so Pressesprecher Fabian Peterson auf Nachfrage.

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Das Marienkrankenhaus: Besuchsbetrieb wieder hochgefahren

Das Marienkrankenhaus fährt laut eigener Aussage langsam den Besuchsbetrieb wieder hoch. Seit 1. Juli sei das Haus wieder für Besucher unter bestimmten Bedingungen geöffnet. „Zu Beginn der Pandemie konnten Väter zwar bei der Geburt dabei sein, mussten danach aber direkt wieder nach Hause gehen. Seit etwa vier Wochen dürfen Väter als Ausnahme ihre Familie für eine Stunde am Tag besuchen“, so das Krankenhaus. Dafür müssten sie allerdings ein Kontaktformular ausfüllen, symptomfrei sein, eine Maske tragen und Hände desinfizieren.

UKSH in Kiel: Väter dürfen bis zu vier Stunden nach Geburt bei Mutter und Kind sein

In Schleswig-Holstein gibt es die Möglichkeit eines Familienzimmers schon wieder etwas länger, zum Beispiel auch am Universitätsklinikum Kiel. „Väter dürfen grundsätzlich bei der Geburt anwesend sein und bis zu vier Stunden nach der Geburt bei Mutter und Kind bleiben“, erklärt das UKSH auf Anfrage der MOPO. Dafür sei natürlich Voraussetzung, dass nach dem Ausfüllen des Fragebogens keinerlei Risiko bestehe. „Pro Patient ist ein Besucher pro Tag für eine Zeit von bis zu zwei Stunden zugelassen.“

Vinzenzkrankenhaus Hannover: Zwei Stunden Besuchszeit für Väter nach Geburt

Das Vinzenzkrankenhaus in Hannover bietet hingegen noch keine Familienzimmer an. „Väter oder eine Begleitperson dürfen die Frauen bei der Geburt begleiten“, schreibt das Krankenhaus auf Anfrage. „Nach der Geburt dürfen die Väter/Begleitpersonen noch etwas Zeit bei Mutter und Kind verbringen, verlassen dann aber auf Anweisung des Personals das Krankenhaus.“ Die Besuchszeiten für die Väter nach der Geburt seien täglich von 15 bis 17 Uhr.

Klinikum Südstadt Rostock: Bei Kaiserschnitts-OPs dürfen Väter nicht anwesend sein

Im Klinikum Südstadt in Rostock dürfen die Väter bei der Geburt im Krankenhaus dabei sein ab dem Zeitpunkt, ab dem bei der Mutter die Wehen einsetzen. „Nach der Geburt muss der Vater allerdings nach Hause gehen“, erklärt Dr. Kerstin Hagen, Oberärztin im Kreißsaal der MOPO. Während den Kaiserschnitt-OPs dürften die Väter sonst dabei sein, wegen der Corona-Pandemie allerdings im Moment nicht.

„Wenn das Baby aus dem Bauch geboren ist, kommen die Väter in das Kinderzimmer und dürfen das Bonding mit dem Kind ganz alleine machen“, fährt Dr. Hagen fort. Ansonsten gelte die Besuchszeit von einer Stunde pro Tag von einer Person. Die Familienzimmer stünden derzeit nicht zur Verfügung.

Geburt während Corona ist in jedem Krankenhaus unterschiedlich

Insgesamt sind die Besuchs- und Geburtsregelungen in den Krankenhäusern im Norden von Stadt zu Stadt und sogar von Krankenhaus zu Krankenhaus unterschiedlich. Diese können sich je nach Corona-Entwicklung auch jederzeit wieder ändern. Werdende Eltern sollten sich vor der Entbindung genau informieren und mit dem Krankenhaus in Kontakt bleiben, um für sich die beste Lösung zu finden. 

So wie Johanna Popiesch. Sie und ihr Freund haben sich mittlerweile für ein Krankenhaus in Flensburg entschieden. „Dort gibt es die Möglichkeit, nach der Geburt in ein Familienzimmer zu kommen“, sagt sie, „natürlich nur, wenn es die Kapazitäten hergeben. Aber immerhin.“

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