Leerstand in Hamburg: Bezirk greift gegen Wohnungs-Spekulanten durch
Endlich soll Schluss sein mit dem Wohnungsleerstand: Das Bezirksamt Nord kündigt ein hartes Vorgehen gegen die Eigentümer-Firma an, die etwa in Eppendorf, Winterhude und der Jarrestadt seit mindestens einem Jahr Wohnungen leer stehen lassen. Maßnahmen gegen Spekulanten!
„Beim Thema Wohnungsleerstand verstehen wir keinen Spaß. Wir lassen uns nicht auf der Nase herumtanzen von Eigentümern, die Wohnungsbestände ausschließlich aus Renditegründen halten!“, verkündete Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz am Freitag.
Wohnungsleerstand in Hamburg: Bezirksamt greift durch
Demnach seien Ermittlungen gegen den Eigentümer von Wohnungen in der Gustav-Leo-Straße/Eppendorfer Landstraße, der Sierichstraße und dem Block Stammannstraße/Jean-Paul-Weg/Hanssensweg abgeschlossen, sodass nun Maßnahmen ergriffen werden können. Auch wenn der Name nicht fällt, ist klar, wer damit gemeint ist: Die HRP Residential.
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Das Unternehmen mit Sitz in Luxemburg besitzt in Hamburg angeblich mehr als 300 Wohnungen, 100 davon sollen leer stehen. Leerstände von mehr als vier Monaten gelten nach dem Hamburger Wohnraumschutzgesetz als Wohnraumzweckentfremdung und sind anzeigepflichtig. Dabei drohen den Verursachern von Leerstand hohe Geldbußen. Ein dem Wohnungsmarkt entzogener Wohnraum kann den Eigentümer bis zu 500.000 Euro kosten. Doch das Unternehmen fand immer neue juristische Wege, sich Zeit zu verschaffen und die Wohnungen weiter leer stehen zu lassen.
Zuletzt machte es „Hinz&Kunzt“ Anfang des Jahres das unmoralische Angebot, in Wohnungen in der Jarrestadt befristet Obdachlose unterzubringen – für 100 Euro im Monat (MOPO berichtete). Eine Hinhaltetaktik, um der Stadt einen Nachweis zu erbringen, dass die Wohnungen vorübergehend vermietet werden.
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Hamburg: Bußgelder und Wohnnutzungsgebote
Doch dieses Katz-und-Maus-Spiel will sich der Bezirk nicht länger gefallen lassen. Deshalb wurden jetzt für bis zu 85 Wohnungen sogenannte Wohnnutzungsgebote erlassen. Heißt: Wenn der Eigentümer jetzt nicht unverzüglich nachweisen kann, dass in den Wohnungen wieder gewohnt wird, setzt das Bezirksamt Zwangsgelder fest. „Zusätzlich haben wir bereits jetzt Bußgelder verhängt, zum Beispiel wegen fehlender Leerstandsanzeigen oder wegen überhöhter Mietpreisforderungen“, so Christian Landbeck, zuständiger Fachamtsleiter für Verbraucher- und Wohnraumschutz.
Um den Wohnungsspekulanten das Handwerk zu legen, wurde sogar erstmals das Bundeswirtschaftsstrafgesetz von 1954 angewandt. Dies besagt unter anderem, dass „wer vorsätzlich oder leichtfertig für die Vermietung von Räumen zum Wohnen (…) unangemessen hohe Entgelte fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, ordnungswidrig handelt.“ Ein solcher Fall kann mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden.
Notfalls will das Bezirksamt auch vor Gericht ziehen: „Preise in Annoncen von mehr als 22 Euro pro Quadratmeter für eine Wohnung in der Jarrestadt, dazu immer wieder unklare oder widersprüchliche Angaben zu den Absichten des Eigentümers zeigen, dass viele gar nicht vermieten, sondern ihren Bestand irgendwann verkaufen wollen, weil er morgen mehr wert ist als heute. Wohnungen aber sind zum Wohnen da und nicht zum spekulieren!“, so Bezirksamtsleiter Werner-Boelz.
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Hamburger Mieterverein begrüßt das Vorgehen
Um auch in Zukunft Mieter vor Luxusmodernisierungen und Verdrängung zu schützen, sollen die Stadtteile Barmbek-Nord und Barmbek-Süd sowie die Jarrestadt in die Soziale Erhaltungsverordnungen einbezogen werden.
Für die Initiative „Wir sind Eppendorf“, die seit Jahren öffentlich auf den Leerstand in ihrem Viertel aufmerksam macht, ist das Durchgreifen der Stadt ein längst überfälliger Schritt. „Natürlich begrüßen wir das“, sagt Siegrid Stahlbaum. „Ich finde es allerdings erstaunlich, dass es dazu einen Vorlauf von drei Jahren und soviel öffentlichen Druck gebraucht hat“, so die 73-Jährige im Gespräch mit der MOPO. „Aber besser als nichts.“
Ähnlich denkt auch Siegmund Chychla vom Mieterverein zu Hamburg. Er begrüßt das harte Durchgreifen der Stadt, wenn es in seinen Augen auch schon viel früher hätte erfolgen müssen. „Es ist erfreulich, dass die Behörde endlich durchgreift. Besser spät als nie. Wenn tatsächlich für jede Wohnung ein Bußgeld von 500.000 Euro angefallen wäre, wäre das ein schmerzhaftes Eingreifen.“