Das Fahrrad erlebt einen „Boom
  • Das Fahrrad erlebt einen „Boom" in der Coronakrise. Was bedeutet das für die Städte der Zukunft? (Symbolbild)
  • Foto: Bodo Marks/picture alliance/dpa

Fahrrad als Gewinner: Die Mobilitätswende in der Coronakrise

Schnell war klar: Das Fahrrad ist einer der deutlichen Gewinner der Coronakrise – innerhalb von ein paar Wochen kam es auch in Hamburg zu einem „Boom“ in den Fahrradläden. Plötzlich wollen sich alle auf den Sattel schwingen – was bedeutet das für die Zukunft der Städte? 

Dirk Lau, Pressesprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) Hamburg, kann die Beliebtheit des Rades besonders in Zeiten der Pandemie erklären. „In der Coronazeit rückt der Gesundheitsaspekt stark nach vorne. Auch bei Menschen ohne Vorerkrankung hat Radfahren einen positiven Effekt: Die Lungenmuskulatur wird trainiert und das Atmungsorgan wird gut belüftet und besser durchblutet“, erzählt er der MOPO. 

Veloweek Hamburg 2020: Das Fahrrad als Gewinner

Lau beruft sich auf die verringerte Verbreitungsgefahr des Virus‘ an der frischen Luft. „Die Chance, sich beim Radeln etwas einzufangen, liegt quasi bei Null. Und immer mehr Menschen merken, dass Radfahren nicht nur gesund ist, sondern auch Spaß macht“, fährt er fort.

Thomas Krautscheid vom Hamburger Marktforschungsinstitut „Quotas“ betrachtet die Lage ähnlich. „Seit der Pandemie hat der Öffentliche Nahverkehr stark rückläufige Fahrgastzahlen, ein Teil davon steigt aufs Rad um“, berichtet er der MOPO. Krautscheid beschäftigt sich vor allem mit betrieblicher Mobilität, also dem Weg von zur und auf der Arbeit.

Fahrrad und Corona: Die veränderte Mobilität

„Es gibt drei Ebenen“, erklärt er, „die Pendler, die Dienstreisen und die Dienstgänge. Und alle haben durch Corona neue Ebenen bekommen.“ So sei es zum Beispiel für Pendler in vielen Berufen nicht mehr nötig, jeden Tag präsent auf der Arbeit zu sein. „Dadurch kann sich die Verkehrssituation entspannen.“

Und auch Videokonferenzen seien auf einmal statt Dienstreisen möglich. „Natürlich war diese Erfahrung nicht freiwillig“, gibt Krautscheid zu bedenken. „Aber man hat gesehen, dass es in bestimmten Kontexten gut funktioniert.“

Und was passiert mit Städten, wenn sich immer mehr Menschen vom Auto verabschieden und stattdessen lieber aufs Rad setzen? Kann Hamburg eine Fahrradstadt werden? Der ADFC ist davon überzeugt: „Die Hamburger Verkehrspolitiker müssen einfach ein wenig Mut wie ihre KollegInnen weltweit zeigen und die Krise als Chance zu begreifen, die Stadt jetzt fit für die Zukunft und das Klima zu machen“, fordert Lau.

Fahrrad und Corona: Kann Hamburg zur Fahrradstadt werden?

Die Verkehrsbehörde verweist auf den neu geschlossenen Koalitionsvertrag des Hamburger Senats. „Dort sind wesentliche Ziele für eine Mobilitätswende festgelegt“, schreibt die Behörde auf MOPO-Anfrage.

Die Architektin Hille Bekic spricht auf der Velo gemeinsam mit Stadtplanerin Melissa Gomez über diese Pläne in den Städten. Sie sieht das Problem allerdings viel tiefer. „In der Nachkriegszeit wurden autogerechte Städte gebaut“, erzählt sie im Gespräch mit der MOPO. „Wir haben ganz viel Asphalt, der Mensch muss mehr in den Fokus genommen werden bei der Stadtplanung der Zukunft.“

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Das Fahrrad sieht sie dabei als das sinnvollste Verkehrsmittel. „Es ist unabhängig vom Strom und fossilen Brennstoffen, günstig und sozial ausgeglichen. Damit steht es im Gegensatz zum Auto, das sich nicht jeder leisten kann.“ 

Corona und das Fahrrad: Neue Herausforderungen in der Stadtplanung

Sollten Städte sich jetzt zur Fahrradstadt umbauen, so entstünden neue architektonische Herausforderungen. „Wenn man nach Amsterdam oder Kopenhagen schaut sind das Problem die Abstellanlagen. Manche Plätze verlieren ihre Wirkung, weil alles mit Fahrrädern voll ist.“ Tiefgaragen speziell für Fahrräder seien denkbar, diese benötigten allerdings Platz.

Es bewegt sich also was in den bisherigen Konzepten von Mobilität – das schafft auch bisher völlig unbekannte Herausforderungen. Eins ist aber sicher: In allen kommt das Fahrrad irgendwie drin vor.

Solange Großveranstaltungen nicht möglich sind, geht die Velo andere Wege, um die Fahrradtrends erlebbar zu machen. Die VELOHamburg Week vom 15.-21. Juni 2020 wird eine vielseitige, virtuelle Informations- und Dialogplattform.

velohamburg.com

mopo.de/veloweek

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