Nackte am Altar, geklaute Fenster: Die Geheimnisse von Hamburgs unbekannter Hauptkirche
Harvestehude –
Hamburgs „höchster Heiliger“ krönt die Nikolaikirche am Klosterstern. In fast 90 Metern Höhe steht der Heilige Nikolaus in einem Boot und trotzt als goldene Wetterfahne Gewitter und Sturm. Besuch in Hamburgs unbekanntester Hauptkirche, in der es so einige Geheimnisse zu entdecken gibt.
Michel, St. Petri, St. Jacobi und St. Katharinen – diese vier Hamburger Hauptkirchen befinden sich im Zentrum unserer Stadt. Und St. Nikolai? Die fünfte Hauptkirche steht in Harvestehude. Und das hat gleich zweifach mit den Bombenangriffen während des Zweiten Weltkriegs zu tun.
Ursprünglich stand die Hauptkirche St. Nikolai am Hopfenmarkt unweit der U-Bahn-Haltestelle Rödingsmarkt. Während der Angriffe auf Hamburg nutzten die Bomberpiloten der Royal Air Force den knapp 150 Meter hohen Kirchturm als Ziel – und als Orientierungspunkt. Am 28. Juli 1943 trafen dann Bomben das Kirchenschiff. Das Dach stürzte brennend in den Altarraum. Nach dem Krieg entschloss sich der Senat, das Gotteshaus nicht wieder aufzubauen. Es ist heute ein Mahnmal.
Da es in der zerstörten Innenstadt kaum noch Gemeindemitglieder gab, beschloss die Kirche 1957 den Neubau der Hauptkirche am Klosterstern. Dafür wurde eine durch Bombentreffer entstandene Baulücke am Harvestehuder Weg genutzt. Wer dort heute Richtung Alster geht, der mag sich über den massiven Granitblock am Turm wundern. Hier handelt es sich um ein Gebäude, das die Architekten, die Gebrüder Langmaack, extra für ein knapp 22 Meter hohes Fenster gebaut hatten. Dieses hatte die Künstlerin Elisabeth Coester (1900-1941) im Jahr 1939 noch für die alte Nikolaikirche erschaffen. Doch wegen des Kriegs wurde es nie eingebaut und sicher eingelagert. Nun schlägt das eindrucksvolle Bleiglas-Fenster am Klosterstern die Brücke vom Altbau zum Neubau.
Hamburg: Fensterteil von St. Nikolai wurde gestohlen
Beim Einbau 1962 wurde schmerzlich bemerkt, dass ein Fensterteil mit der Darstellung Jesu Christi fehlte. 1964 entdeckte es die Kripo im Partykeller eines Bauarbeiters.
Ebenfalls aus dem Altbau stammen zwei dicke Säulen, die heute den schlichten Altar im Baptisterium tragen. Gleich daneben ist der ergreifende Torso Christi zu sehen. Auch er wurde in den Ruinen der alten Kirche in der Altstadt geborgen.
Nikolaikirche: Atar-Mosaik nach Entwurf von Oskar Kokoschka
Extra für den Neubau allerdings ist das Altar-Mosaik „Ecce homines“ nach einem Entwurf von Oskar Kokoschka (1886-1980) geschaffen worden. Angeblich soll sich der Maler nach einigen Gläsern Whisky und ein paar geschmökten Zigarren 1973 mit Bischof Hans-Otto Wölber bereiterklärt haben, das Werk der Kirche zu schenken. Die Darstellung des leidenden Christus ist bis heute in der 4200-köpfigen Gemeinde nicht unumstritten.
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Wegen seiner modernen Gestaltung wird St. Nikolai manchmal sogar für eine Moschee gehalten. Den schlanken Turm verwechseln manche Passanten mit einem Minarett. Die Spitze wiederum birgt ein Geheimnis – sie stammt vom Michel. 1984 musste die Nikolai-Spitze restauriert werden. Doch das Kupfer am Turm war grün oxidiert. Eine braune Spitze kam nicht infrage. Da half der Michel-Pastor mit grünem Kupfer aus …