Turbo-Karriere eines jungen Syrers: Vom minderjährigen Flüchtling zum Hafen-Azubi
Eimsbüttel –
Majed Al Wawi kam ganz allein. Ohne Eltern, ohne Geschwister. Nur mit seinem dreizehn Jahre alten Cousin an der Hand. Er selbst war 16. Majed Al Wawi war 2015 das, was die deutsche Amtssprache einen „UmF“ nennt. Ein Unbegleiteter minderjähriger Flüchtling. Eine Gruppe von jungen Männern, welche die Bundesrepublik vor besondere Herausforderungen stellt.Doch Majed Al Wawi ist ein Musterbeispiel dafür, wie es gelingen kann. Wie ein Junge ohne Schulabschluss und ohne elterliche Unterstützung es schaffen kann.
Wenn Majed Al Wawi von seinem steinigen Weg, der 28 Tage lang von Aleppo, durch die Türkei, mit dem Schlauchboot nach Griechenland und weiter zu Fuß erzählt, kann man kaum glauben, dass er nicht in Deutschland geboren wurde. Sein Deutsch ist fehlerfrei, sein Akzent kaum wahrnehmbar. Dafür hat der 21-Jährige viel getan. „Aller Anfang ist schwer“, sagt er lachend. „Akkusativ, Dativ, Genitiv, Präteritum, Plusquamperfekt – irgendwann wird es leichter. Und dann hat man es plötzlich drauf.“
In Hamburg legte Majed Al Wawi eine Turbo-Karriere hin
Majed Al Wawi fiel das Lernen leicht. Und das, obwohl er seit 2011 keine Schule mehr besucht hatte. Sämtliche Bildungseinrichtungen waren nach Beginn des Krieges geschlossen worden. Majed Al Wawi jobbte in der Bau-Firma seines Onkels. „Wir hatten ein gutes Leben in Syrien. Niemand hätte darüber nachgedacht, das Land zu verlassen. Der Krieg hat alles kaputt gemacht.“
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Kaum in Hamburg meldete er sich sofort zum Ausbildungsvorbereitungskurs an. Nach zwei Jahren hatte er den Hauptschulabschluss und den Realschulabschluss nachgeholt. Nächstes Ziel des Anwaltssohns aus Aleppo war das Fachabitur. Doch während eines Praktikumsblocks bei der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) entdeckte er seine Leidenschaft für große Maschinen. „Die Containerbrücken, die Van Carrier – das hat mich fasziniert.“
Die Kollegen im Hafen nahmen ihn herzlich auf
Als die HHLA ihm eine Ausbildung zum Mechatroniker anbot, griff er zu. „Ich freue mich jeden Tag auf die Arbeit“, sagt er. Die Kollegen hätten ihn herzlich ins Team aufgenommen. „Ich bin einer von ihnen“, freut sich der 21-Jährige. Und: „Es ist ein gutes Gefühl, finanziell auf eigenen Beinen zu stehen.“
Seit Beginn der Ausbildung hat Al Wawi eine eigene Wohnung in Eimsbüttel. Vorher wohnte er in einer WG. Er hat viele Freunde, Deutsche wie Syrer. Nur eins brennt wie eine Wunde in seinem Herzen: „Ich habe meine Familie seit fünf Jahren nicht gesehen. Mein jüngster Bruder wurde erst nach meiner Flucht geboren. Ich mache mir große Sorgen um alle. Vor allem, wenn ich ein paar Tage nichts höre.“