Virologe setzt auf Hausärzte: Ab wann Drosten wieder Normalität erwartet
Impfen dürfen in Hamburg bisher nur die Mitarbeiter vom Impfzentrum und mobile Teams. Das soll sich jetzt ändern – Patienten mit bestimmten Vorerkrankungen können sich vom Facharzt eine Spritze geben lassen. Virologe Christian Drosten und Hausärzte-Chef Ulrich Weigeldt fordern auch die Impfung in Hausarztpraxen und bei Betriebsärzten umgehend zuzulassen.
In Hamburg werden in der nächsten Prioritätengruppe auch Menschen mit bestimmten Erkrankungen wie der schweren Lungenkrankheit COPD oder Krebs zur Corona-Schutzimpfung aufgerufen. 15.500 Impfberechtigte würden von ihren Ärzten in den Fach- und Schwerpunktpraxen ausgewählt und benachrichtigt, sagte Gesundheitssenatorin Melanie Leonhard (SPD) am Mittwoch. Die Impfung selbst soll ebenfalls in den Praxen erfolgen.
Drosten: Hausärzte und Betriebsärzte sollen mitimpfen
Virologe Christian Drosten spricht sich auch für eine zeitnahe Impfmöglichkeit in Hausarztpraxen und bei Betriebsärzten aus. „Man kennt seine Pappenheimer als Hausarzt“, sagt Drosten im aktuellen Podcast „Coronavirus Update“ bei NDR Info.
Hausärzte wüssten genau, wer ein hohes Risiko hat und wer auch bereit ist, sich impfen zu lassen. „Dieser menschliche Faktor in der Priorisierung, der wird im Moment nicht genutzt und das halte ich für ein großes Problem“, so Drosten. Aktuell würden bewährte Strukturen beim Impfen zu wenig genutzt.
So soll es mit Deutschlands Impfstrategie weitergehen
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Länder werden beim Gipfeltreffen am Mittwoch entscheiden, mit welcher Corona-Strategie Deutschland nach dem 7. März weiterfährt. Laut einem aktuellen Entwurf sollen Haus- und Fachärzte ab April umfassend in die Impfkampagne eingebunden werden. Betriebsärzte sollen ebenfalls im Laufe des zweiten Quartals hinzukommen.
Virologe und Hausärzte fordern einen Plan
„Es gibt Meldungen, die sagen spätestens ab April/ Mai haben wir Impfstoff im Überfluss und die Hausärzte müssen schon planen“, so Drosten. Er selbst und auch die Hausärzte würden sich aber fragen: „Wo ist denn eigentlich jetzt die Planung? Wie sieht die genau aus?“.
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Laut dem Entwurf von Bund und Ländern würden sich diese Fragen derzeit in den letzten Abstimmungen befinden. Noch im März soll das Bundesgesundheitsministerium die zur Umsetzung notwendigen Rechtsverordnungen erlassen.
Impfungen: Hausärzte-Chef warnt für zu viel Bürokratie
In einigen Bundesländern wie Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und dem Saarland sind bereits erste Pilotversuche mit Impfungen in Hausarztpraxen gestartet.
„Von uns aus kann es losgehen. Und das sollte es auch möglichst bald“, sagte der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt in der „Rheinischen Post“. Mit den aktuellen Strukturen werde man mit den Corona-Schutzimpfungen kaum vorankommen, so Weigeldt. Er warnte gleichzeitig es dürfe keine „überbordende Bürokratie“ geben.
Lagerung: Impfstoff braucht Minusgrade
Die größte Hürde für Praxen war bisher die Lagerung der Vakzine bei extrem niedrigen Temperaturen. Inzwischen gab Biontech bekannt, dass sein Impfstoff auch bei Gefrier- und Kühlschranktemperaturen gelagert werden kann. In den USA ist es bereits seit Ende Februar erlaubt, die Impfdosen von Biontech/Pfizer über zwei Wochen bei minus 25 bis minus 15 Grad zu kühlen.
Drosten rechnet Lockerungen ab Mitte Mai aus
Wann Lockerungen möglich wären, wenn die Haus- und Betriebsärzte mitimpfen, rechnet Drosten im Podcast beispielhaft vor. Bei 50 prozentiger Durchimpfung in den relevanten Altersgruppen mit weiter bestehenden, milden Kontaktmaßnahmen könne man das gesellschaftliche Leben ab Mitte Mai öffnen.
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Ab Anfang Juni seien dann wesentliche Lockerungen möglich. Impfstoff sollte entsprechend vorhanden sein, denn „die Liefermengen im zweiten Quartal werden deutlich zunehmen“, so Drosten.