Touri-Vertreibung im Norden: „Haut ab!“: Hamburger rabiat rausgeschmissen
In der Corona-Krise ist Solidarität das Gebot der Stunde – doch in einigen Fällen vom Wochenende zeigt unsere zivilisierte Gesellschaft ein ganz anderes Gesicht. Hamburger wurden mit „Haut ab!“-Rufen aus ihren Ferienhäusern an der Ostsee vertrieben, Hunderte Autofahrer von der Polizei nach Hause geschickt.
Von dem wohl drastischsten Vorfall berichtet das „Abendblatt“ aus Schleswig-Holstein: Dort haben die Landkreise Nordfriesland, Ostholstein und Rendsburg-Eckernförde Touristen aufgefordert, ihre Wochenendhäuser bis zum heutigen Sonntag zu räumen. Hintergrund: Das nördlichste Bundesland fürchtet, bei weiter steigenden Infektionsfällen nicht genug Intensivbetten zu haben, wenn außer den Einheimischen auch noch Urlauber im Land sind.
Das Problem: Der Aufruf widerspricht genau einem Video-Appell des Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU). Der fordert alle Bürger auf, zu bleiben wo sie sind, und bezieht explizit auch Ferienhausbesitzer mit ein.
Dithmarschen: Polizei vertreibt Hamburger Rentnerpaar aus Ferienhaus
Doch der offizielle Touri-Rauswurf der drei Landkreise zeigt offenbar mehr Wirkung als der besonnene Appell des Landesvaters. Im „Abendblatt“ berichtet ein Hamburger, der sich gerade samt Familie ins einem Haus in Eckernförde aufhält, am Sonnabend sei ein Nachbar auf ihn zugerannt und habe gerufen: „Ihr habt hier nichts zu suchen, haut ab!“
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Eine Hamburgerin berichtet, die Polizei habe ihre betagten Eltern angewiesen, deren Ferienhaus zu verlassen. „Dass man meine gefährdeten Ü-70-Eltern per Polizeiaufgebot aus ihrer eigenen Holzhütte in Dithmarschen (im Nichts) vertreibt und sie zwingt, wieder nach Hamburg zu fahren … das finde ich schon etwas merkwürdig.“ Die Eltern hätten dort schon seit Jahrzehnten ihren Zweitwohnsitz und wären dort sicher gewesen.
Polizeikontrollen im gesamten Mecklenburg-Vorpommern
Auch Mecklenburg-Vorpommern schottet sich massiv gegen Touristen ab. Urlauber von außerhalb des Bundeslandes werden von der Polizei zurückgewiesen. Die Regierung stellt klar: Auch Wohnmobil-Reisende dürfen nicht nach MV kommen.
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Die Polizei kontrolliert Autos mit auswärtigen Kennzeichen an Zufahrtsstraßen und im Binnenland. Am Freitag schickte die Polizei jedes zwölfte Auto zurück. Es seien 4141 Fahrzeuge kontrolliert und davon 355 abgewiesen worden, sagte eine Sprecherin des Innenministeriums am Sonnabend. Am Wochenende sollten die Kontrollen fortgesetzt werden.
Wohnmobile dürfen nicht mehr nach Mecklenburg-Vorpommern
Das Kabinett stellte bei einer Telefonschalte am Sonnabend klar, dass auch Reisen mit Wohnmobilen und Campinganhängern nach Mecklenburg-Vorpommern untersagt sind. Am Vortag hatte Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD) kritisiert, dass nicht alle auswärtigen Gäste wie gefordert den Nordosten bis Donnerstag verlassen hätten. Dabei handelte es sich dem Vernehmen nach um solche Urlauber.
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Die Polizei fahre seit Freitag durch die touristischen Hotspots und informiere über Lautsprecher letzte noch nicht abgereiste Touristen, hieß es von den Polizeipräsidien Rostock und Neubrandenburg.