• Ein Denkmal mitten in Windhuk, der Hauptstadt von Namibia, erinnert an den Völkermord an den Herero und Nama. Es trägt die Inschrift: „Ihr Blut nährt unsere Freiheit“. 
  • Foto: picture alliance/dpa

Historische Einigung: Deutschland zahlt 1,1 Milliarden für Herero-Völkermord

Berlin/Windhuk –

Mord verjährt nicht. Und ebensowenig verjährt Massenmord: Deutschland hat nach 113 Jahren die Massaker durch deutsche Truppen an den Stämmen Herero und Nama im heutigen Namibia offiziell als Völkermord anerkannt. Für die kommenden 30 Jahre fließen insgesamt 1,1 Milliarden Euro in die ehemalige Kolonie – allerdings ausdrücklich nicht als Entschädigung.

Historiker sprechen vom ersten Völkermord des 20 Jahrhunderts: Von 1904 bis 1908 begingen im damaligen Deutsch-Südwestafrika die Kolonialherren einen Massenmord, bei dem etwa 65.000 von 80.000 Herero und mindestens 10.000 von 20.000 Nama getötet wurden. Sie hatten den Besatzern Widerstand geleistet. In der Folge wurden auch Frauen und Kinder im Namen des Deutschen Kaisers erhängt, erschossen und zum Verdursten in die Wüste getrieben.

Maas: „Dunkelstes Kapitel unserer gemeinsamen Geschichte“

Seit mehr als sechs Jahren verhandelten Regierungsdelegationen beider Länder über eine historische Aussöhnung. Am Freitag verkündete Außenminister Heiko Maas (SPD) dann den Durchbruch: „Ich bin froh und dankbar, dass es gelungen ist, mit Namibia eine Einigung über einen gemeinsamen Umgang mit dem dunkelsten Kapitel unserer gemeinsamen Geschichte zu erzielen.“

Die Einigung sieht die Zahlung von insgesamt 1,1 Milliarden Euro über die nächsten 30 Jahre vor. Das Geld soll vor allem in Projekte in den Siedlungsgebieten der Herero und Nama gesteckt werden. Dabei soll es um Landreform, Landwirtschaft, ländliche Infrastruktur und Wasserversorgung sowie Berufsbildung gehen. Zudem soll Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in einem feierlichen Akt vor dem Parlament in Namibia um Verzeihung für den Völkermord bitten.

Im Abkommen keine Rede von „Entschädigungen“ oder „Reparationen“

Die Geldzahlungen will Maas als „Geste der Anerkennung des unermesslichen Leids, das den Opfern zugefügt wurde“, verstanden wissen. Das Wort „Entschädigungen“ nahm er nicht in den Mund. Auch im Versöhnungsabkommen selbst kommt der Begriff „Reparationen“ nicht vor – obwohl die namibische Seite dies gefordert hatte. Doch offenbar wollte man in Berlin nicht so weit gehen. Denn dies hätte auch individuelle Klagen ermöglicht – und das wäre womöglich sehr viel teurer geworden. Zudem steht Berlin auch unter Druck seiner europäischen Nachbarn. Vor allem die ehemaligen Kolonialmächte unter ihnen haben kein Interesse an einem Präzedenzfall.

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Entsprechend enttäuscht fielen einige Reaktionen in Namibia aus. Vekuii Rukoro, Oberhaupt der heutigen Herero, bezeichnete das Abkommen in der „Welt“ als „verlogen“ und warnte vor einer „PR-Show“. Auch einige Oppositionspolitiker kritisierten das Abkommen. Sie stören sich vor allem daran, dass das Geld nicht direkt an die Nama und Herero fließt, sondern an die Zentralregierung in Windhuk. Opposition und Herero-Vertreter kündigten bereits Proteste zum Besuch Steinmeiers an. (cmb/dpa)

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