Längerer Lockdown?: Spahn: „Sind bei weitem noch nicht da, wo wir hin müssen“
Berlin –
Ein schnelles Zurück aus dem Lockdown gibt es nicht – darauf bereitet die Bundesregierung die Bürger nun vor. Zeitgleich gibt es Aufregung um die ersehnten Impfungen. „Richtig und wichtig“ ist aus Sicht von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Geimpften bestimmte Privilegien zu gewähren.
Erstmals sind in Deutschland innerhalb von 24 Stunden mehr als 1000 Menschen im Zusammenhang mit dem Coronavirus gestorben. Angesichts dieser Zahlen müssen sich die Bürger auf eine Verlängerung der einschneidenden staatlichen Corona-Beschränkungen auch nach Fristablauf am 10. Januar gefasst machen. Jens Spahn stimmte darauf bereits ein und sagte am Dienstagabend in den ARD-„Tagesthemen“, bei der Eindämmung der Pandemie sei Deutschland „bei weitem noch nicht da, wo wir hin müssen“.
Berlin: Spahn stimmt Bürger auf Beschränkungen ein
Deshalb werde es nach dem 10. Januar „ohne Zweifel Maßnahmen geben“, so der Gesundheitsminister. In welchem Umfang, müssten Bund und Länder bei ihrer geplanten Konferenz am kommenden Dienstag entscheiden.
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Zu den Problemen bei der Terminvergabe für die Corona-Impfung sagte Spahn, zu Beginn ließen sich Wartezeiten in den Telefonleitungen leider nicht vermeiden. Er könne nur um Verständnis und Geduld bitten. Da jedes Bundesland ein anderes System habe, herrsche „etwas föderales Durcheinander“.
Debatte um Vorteile für Geimpfte sei „richtig und wichtig“
Spahn trat erneut dem Eindruck entgegen, der Rest der Welt habe ganz viel Impfstoff und Deutschland habe weniger. „Wir beginnen alle unter den Bedingungen der Knappheit“, sagte er. Auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) wies Vorwürfe zurück, die Bundesregierung habe für Deutschland nicht genug Corona-Impfstoffdosen gesichert. „Ich kann die Kritik zwar nachvollziehen, aber ich halte sie dennoch für falsch“, sagte Schäuble der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Wir können unsere Ungeduld nicht zum Maß aller Dinge machen und den Menschen in ärmeren Weltregionen den Impfstoff wegschnappen.“
Die Debatte, ob Corona-Geimpfte bestimmte Privilegien wie etwa Zutritt zu Restaurants erhalten sollen, nannte Spahn „durchaus richtig und wichtig“, wie er bei „Bild live“ sagte. Der privat-gewerbliche Bereich habe in dieser Frage mehr Spielraum. Nach seinem juristischen Verständnis wäre etwa eine Pizzeria nur für Geimpfte „das, was möglich ist“.
Im öffentlichen Bereich und bei der Daseinsvorsorge, also etwa in Krankenhäusern, Rathäusern oder dem öffentlichen Nahverkehr, könne man aus seiner Sicht aber keinen Unterschied zwischen Geimpften und Nicht-Geimpften machen. Er fügte hinzu, dass unklar sei, ob Geimpfte weiterhin andere anstecken könnten. Das mache „einen ganz entscheidenden Unterschied“. Er empfehle, die Erkenntnisse dazu abzuwarten.
Bundesärztekammer: Bereitschaft zur Impfung wird steigen
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, rechnet damit, dass die Bereitschaft für eine Corona-Impfung in den kommenden Monaten steigt. „Für Geimpfte verliert die Pandemie ihren Schrecken, sie werden sich besser fühlen und entspannter sein. Das wird ansteckend sein, aber im positiven Sinne“, sagte er dem RND. Für eine Herdenimmunität ist mindestens eine Impfquote zwischen 65 und 70 Prozent nötig.
Wenn genügend Impfstoff zur Verfügung steht, dürfen Impfgegner nach Ansicht von Reinhardt aber nicht mehr mit der Rücksichtnahme der Gesellschaft rechnen. „Sie müssen mit dem Risiko leben, unter Umständen auch schwer an Covid-19 zu erkranken. Sie können die Gesellschaft nicht in Geiselhaft nehmen“, sagte der Ärztepräsident.
Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung appellierte an alle Pflegekräfte hierzulande, sich gegen Corona impfen zu lassen. Je mehr Menschen geimpft werden, desto weniger Wirte finde das Virus und die Ausbreitung werde eingedämmt, sagte Andreas Westerfellhaus der „Rheinischen Post“. „Und ich bin mir sicher, dass diese Einsicht auch die meisten Pflegekräfte haben und sich impfen lassen“, sagte er. In Alten- und Pflegeheimen sterben zurzeit sehr viele Menschen an oder mit Covid-19.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach (SPD) wies darauf hin, dass Pflegepersonal nach dem Infektionsschutzgesetz auch zur Impfung gezwungen werden könnte. „Aber die Bundesregierung hat versprochen, dass es keine Impfpflicht geben wird. Dabei wird es bleiben, und das ist auch richtig“, sagte Lauterbach der „Rheinischen Post“. (dpa)