• Vor den Synagogen in Bonn und Münster wurden israelische Flaggen verbrannt. Warnungen vor einem wachsenden Antisemitismus in Deutschland werden laut. 
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„Antisemitismus ist keine Kritik an Israel“: Attacken auf Juden sorgen für Entsetzen

Berlin –

Sie demonstrieren, werfen Synagogen-Fenster ein, verbrennen Flaggen: Aggressive Antisemiten haben vielerorts in Deutschland für hässliche Szenen gesorgt. Das Ganze zeigt: Der wieder aufgeflammte Krieg in Nahost hat längst auch Deutschland erreicht.

Es ist die heftigste Eskalation seit Jahren: Zwischen Israel und dem Gazastreifen fliegen seit Tagen Raketen hin und her, Dutzende Menschen wurden bereits getötet. Beide Seiten stehen sich unversöhnlich gegenüber und ein Ende der Bombardements ist derzeit nicht in Sicht. Der Krieg hat nun eine weitere Dimension bekommen: Überall auf der Welt berichten Jüdinnen und Juden von Attacken – auch in Deutschland.

Vielerorts in Deutschland gab es hässliche Szenen 

So wurden etwa vor Synagogen in Bonn und Münster Israel-Flaggen angezündet und der Eingang der Bonner Synagoge mit Steinen beschädigt. 16 Personen wurden insgesamt festgenommen, der Staatsschutz ermittelt. Auch in Solingen wurde eine vor dem Rathaus gehisste israelische Flagge angezündet, im Berliner Stadtteil Pankow versuchten Unbekannte das ebenfalls. 

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Vor den Synagogen in Bonn und Münster wurden israelische Flaggen verbrannt. Warnungen vor einem wachsenden Antisemitismus in Deutschland werden laut. 

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In Hannover musste die Polizei bei einer Anti-Israel-Demonstration mit mehr als 500 Teilnehmern am Mittwochabend einschreiten. Hier konnte man zwei mutmaßliche Täter gerade noch davon abhalten, Israel-Flaggen anzuzünden. Bereits am Montag hatte es in Hannover eine Drohung gegenüber der Liberalen Jüdischen Gemeinde gegeben. Auch hier wurde der Staatsschutz eingeschaltet.

Einen weiteren Demonstrationszug mit 180 Teilnehmern gab es am Mittwochabend in Gelsenkirchen. In einem per Twitter verbreiteten Video des Zentralrats der Juden sind Sprechchöre mit antisemitischen Inhalten zu hören. Die Polizei bestätigte am Donnerstag die Echtheit des Videos, auf dem zu sehen ist, dass Beamte trotz der Parolen nicht eingriffen. Das oberste Ziel sei der Schutz der Synagoge gewesen, erklärte der Polizeisprecher. Es seien zunächst nicht genug Beamte vor Ort gewesen, um gleichzeitig Tatverdächtige aus der Menge zu ziehen. Als weitere Beamte eingetroffen seien, habe sich der Demozug bereits wieder aufgelöst. Nur wenige Stunden später zerstörte ein Mann eine Fensterscheibe der Mannheimer Synagoge.

Warnungen vor wachsendem Antisemitismus in Deutschland 

„Unabhängig davon, wie man den aktuellen Konflikt im Nahen Osten bewertet, steht fest: Jüdinnen und Juden in Deutschland für die israelische Politik verantwortlich zu machen, ist falsch“, schrieb dazu das Jüdische Forum auf Twitter. „Wer als Reaktion auf israelische Luftangriffe im Gazastreifen Synagogen in Deutschland angreift, äußert sich nicht zum Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern und übt auch keine Kritik an Israel, sondern handelt schlichtweg antisemitisch.“

„Antisemitismus und Kritik an israelischer Okkupation sind zwei verschiedene Sachen“, stellte dieser Demonstrant in Berlin fest.

„Antisemitismus und Kritik an israelischer Okkupation sind zwei verschiedene Sachen“, stellte dieser Demonstrant in Berlin fest.

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imago images/Achille Abboud

Auch der Vorsitzender des Zentralrats der Juden, Josef Schuster sagte, selbst wenn nur ein Stein auf eine Synagoge geworfen werde – „das ist purer, reinster Antisemitismus.“ Ähnlich äußerte sich Justizministerin Christine Lamprecht: „Dieser antisemitische Hass ist eine Schande“, sagte sie.

Position bezogen auch Nichtregierungsorganisationen wie etwa die Amadeu-Antonio-Stiftung. Sie schrieb auf Instagram: „Aufgrund der aktuellen Situation in Israel spitzt sich die Bedrohungslage für Jüdinnen und Juden und jüdische Einrichtungen in Deutschland zu“, was besorgniserregend sei. Aber: „Antisemitismus darf nicht mit Kritik an Israel verwechselt werden. Der Schutz jüdischen Lebens in Deutschland muss höchste Priorität haben.“

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Das forderte auch der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagte er: „Wir als Gesellschaft und vor allem Polizei und Justiz müssen darauf reagieren. Wir dürfen das nicht dulden.“ (prei/mik)

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