Beunruhigende Bilder: Wie Italien den Lockdown-Exit (nicht) gemeistert hat
Rom –
Während in Deutschland noch über den Exit aus dem Lockdown debattiert, ist Italien schon einen Schritt weiter: Das Mittelmeerland hob den landesweiten, harten Lockdown vor gut einer Woche auf. Seitdem gibt es Bilder, die für Beunruhigung sorgen – und neue Hotspots, in denen das Virus heftiger wütet denn je.
Es war wie ein öffentlicher Stoßseufzer: Seit vergangener Woche sind in Italien Bars, Restaurants und Läden wieder geöffnet. Und dann war zuletzt auch noch das Wetter so herrlich – auf Sizilien etwa wurden rekordverdächtige 26 Grad gemessen! Zu Hunderttausenden bevölkerten die Italiener am zurückliegenden Wochenende die Cafés, Pizzerien und sogar Strände in Rom, Mailand, Neapel oder Palermo. Endlich wieder raus, endlich wieder unter Leute!
Polizei riegelt Straßen und Plätze ab
Die Bilder der übervollen Orte sorgten jedoch schnell für Beunruhigung. Roms Bürgermeisterin Virginia Raggi etwa warnte auf Twitter: „Wir dürfen nicht vergessen, dass die Notlage noch nicht vorüber ist.“
Der Polizei in der Hauptstadt reichte es schließlich: Sie riegelte mehrere Plätze und Straßen ab, in denen sich zu viele Menschen auf zu wenig Raum und oft auch ohne Maske herumtrieben.
Südtirol und Perugia gehen zurück in den Lockdown
Schnell vorbei war der Spaß auch in Südtirol und der zentralitalienischen Provinz Perugia. Dort grassiert das Coronavirus derzeit schneller denn je – genauer gesagt zwei Mutationen. Während sich in Südtirol bislang nur die britische Variante ausgebreitet hat, ist Perugia zusätzlich auch von der brasilianischen getroffen.
Das könnte Sie auch interessieren: Knallhart zu 0 Neuinfektionen! Dieses Land zeigt: So geht Lockdown richtig
In der Stadt mit rund 167.000 Einwohnern wird mittlerweile laut der Tageszeitung „La Repubblica“ jede Stunde ein neuer Covid-Patient ins Krankenhaus eingeliefert. In der größten Klinik der Stadt, Santa Maria della Misericordia, wurden laut „La Repubblica“ 70 Ärzte positiv getestet, von denen 60 bereits eine erste Impfdosis erhalten hatten. „Auch Geheilte stecken sich erneut an“, schrieb die Zeitung „Il Messagero“.
Die Folge: Sowohl Südtirol als auch Perugia gingen sofort zurück in den harten Lockdown. Kitas, Schulen und Unis sind seit Montag wieder dicht, ebenso Restaurants, Geschäfte, Bars und Cafés. Die Menschen dürfen nicht in der Öffentlichkeit essen oder trinken und sollen ihre Häuser nur noch für notwendige Dinge wie Einkaufen oder Arztbesuche verlassen. Perugias Bürgermeister Andrea Romizi sagte zur Zeitung „Corriere della Sera“: „Wir wissen, das ist schwer zu akzeptieren, aber wir hatten keine Alternative.“
Proben in Perugia wiesen mindestens drei verschiedene Mutationen auf
Der neuerliche Lockdown hatte sich bereits am Freitag abgezeichnet. Perugia etwa gab bekannt, dass Experten 42 Proben von Infizierten untersucht und dabei 18 Mal die Variante aus Großbritannien und zwölf Mal die aus Brasilien entdeckt hatten. Damit scheinen die beiden Mutationen, die als deutlich ansteckender als das Ursprungsvirus gelten, in Perugia die vorherrschenden Corona-Varianten zu sein. Besonders beunruhigend: Auch drei weitere, bislang noch nicht identifizierte Mutationen wurden in den Proben gefunden.
Das könnte Sie auch interessieren: „Ritt auf der Rasierklinge“: Österreichs Weg aus dem Corona-Lockdown
„Die Situation ist heikel, aber wir sind zuversichtlich, weil wir rechtzeitig eingegriffen haben“, sagte Donatella Tesei, die Präsidentin der Region Umbrien, am Freitag. Experten bezweifeln das. Einige Schulen in anderen Provinzen im Grenzgebiet zu Perugia weigern sich bereits, Schüler von dort in Präsenz zu unterrichten, da sich die Mutanten ersten Analysen zufolge vor allem unter Kindern und Jugendlichen ausgebreitet haben.
Lockdown und Mutations-Eskalation – schlechtes Timing!
Beobachter gehen davon aus, dass die gefährlichen Corona-Varianten genau dann anfingen, zu wüten, als der Lockdown aufgehoben wurde. Schlechtes Timing! Tesei dazu: „Ich glaube, dass unsere Erfahrung auch für andere Regionen von Nutzen sein könnte“.
Davon geht auch Umbriens Generaldirektor für regionale Gesundheit, Claudio Dario, aus: „Leider befürchte ich, dass dies der Fall sein wird.“