Zurück zum „dolce vita“: Wie Italien aus dem Lockdown krabbelt
Rom –
Steigende Zahlen, Lockdown, sinkende Zahlen, Öffnungen, steigende Zahlen … Ähnlich wie Deutschland hat auch Italien das Corona-Pingpong in den zurückliegenden Pandemie-Monaten „perfektioniert“. Nun allerdings zeichnet sich ein definitives Lockdown-Ende ab – haben die Italiener die Pandemie besiegt?
„Wir haben die Spitze erreicht“: Matteo Bassetti, Direktor der Klinik für Infektionskrankheiten am Krankenhaus San Martino in Genua, ist sich sicher: Ab jetzt geht es in Italien nur noch bergab – und zwar mit den Corona-Infektionszahlen.
Dem Sender La7 sagte Bassetti, es sei nun der Moment gekommen, an dem die Kurve der täglichen Neuinfektionen abflache. Und tatsächlich: Schon vor Ostern zeigte der Trend nach unten.
Italien bleibt trotz sinkender Zahlen weiter im Lockdown
Die dritte Welle hatte das Land zuvor knüppelhart getroffen, Mitte März hatte Italien jeden Tag um die 26.000 neue Ansteckungsfälle gemeldet. Am Mittwoch lag der Wert bei 13.708. Damit sich der Trend fortsetzt, hat die Regierung eine ziemlich unpopuläre Entscheidung getroffen: Der bereits vor Ostern verhängte Lockdown fürs ganze Land wurde verlängert – trotz gesunkener Inzidenzwerte.
Das bedeutet: Das zuvor gültige Farb-System, das Italien in unterschiedliche Zonen von weiß bis rot – je nach Infektionslage – unterteilte, ist vorübergehend außer Kraft gesetzt, berichtete die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Seit Anfang der Woche ist das ganze Land pauschal als orange gekennzeichnet, einzelne Regionen, in denen das Virus besonders heftig tobt, sind allerdings weiter rot.
Corona-Lockdown: Strenge Regeln für ganz Italien
In den orangefarbenen Regionen, darunter Sizilien, Ligurien, Latium, aber auch das zuvor nahezu Corona-freie Sardinien, gilt ein Entfernungsverbot vom eigenen Wohnort. Lediglich Einkaufen, Spaziergänge, Individualsport und einmalige tägliche Besuche bei Familie und Freunden sind erlaubt – sofern nicht mehr als zwei haushaltsfremde Personen zu Gast sind. Schüler dürfen in Präsenz unterrichtet werden – jedoch nur wechselweise bei maximal halbvollen Klassenzimmern. Die meisten Geschäfte dürfen öffnen, Einkaufszentren dagegen am Wochenende nicht.
In den roten Regionen, darunter die Lombardei, die Toskana und Kampanien, gelten dagegen strengere Regeln: Das Haus darf nur in Ausnahmefällen wie Einkaufen, Arztbesuch oder Arbeitsweg verlassen werden. Joggen und anderer Individualsport im Freien ist gestattet, sofern man sich dabei im direkten Umfeld seiner Wohnadresse aufhält. Besuche sind streng verboten. Friseur- und Kosmetiksalons und die meisten Einzelhändler bleiben zu. Lebensmittelgeschäfte, Apotheken, Optiker und Parfümerien sind dagegen auf.
Unabhängig von der Farbe gilt in ganz Italien eine Ausgangssperre von 22 bis 5 Uhr. Bars und Restaurants sind überall geschlossen. Essen und Getränke dürfen bis 18 Uhr zum Mitnehmen angeboten werden und bis 22 Uhr ausschließlich zur Auslieferung. Inneritalienische Reisen sind verboten – es sei denn, man hat einen Zweitwohnsitz.
Italien will bis September durch sein mit den Impfungen
Warum aber bleibt die Regierung so hart? Bassetti dazu: „Es dauert, bis die Zahl der Patienten auf den Intensivstationen und die Zahl der Todesfälle abnimmt.“ Erst am Mittwoch wurden 627 neue Corona-Tote binnen 24 Stunden gemeldet – so viele wie seit Anfang Januar nicht mehr. Vielerorts sind die Kliniken weiter überfüllt.
Daher sei es wichtig, so Bassetti, weitere Ansteckungen zu verhindern. Dennoch: In seinen Augen kann „ab Mitte April“ über ein finales Lockdown-Ende nachgedacht werden. Schließlich komme Italien auch beim Thema Impfen gut voran. Allerdings: „Wir sind zuletzt auf 300.000 verabreichte Impfdosen pro Tag gekommen. Bis Mitte April müssen wir eine halbe Million Dosen erreichen.“
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Das scheint realistisch: Francesco Figliuolo, Italiens Corona-Notfallkommissar, sagte bereits am Karsamstag zur Zeitung „Corriere della Sera“, spätestens ab Ende April würden 500.000 Dosen pro Tag verspritzt. Sollten die angekündigten Lieferungen wie vereinbart eintreffen, könnte die Impfkampagne in Italien bis September abgeschlossen sein, so Figliuolo. Gut 13 Prozent der Italiener sind bislang mindestens einmal geimpft. Rund sechs Prozent haben sogar schon doppelten Schutz.
Hoffen auf „dolce vita“ im Sommer
Ist Italien also bald durch mit Corona? Ganz so einfach ist es natürlich nicht. So sagte etwa Gesundheitsminister Roberto Speranza am Dienstag zu La7: „Es gibt kein Datum x, keinen magischen Moment im Kalender, an dem alle Maßnahmen verschwinden und wir komplett zum Leben vor Corona zurückkehren.“ Das Zauberwort laute „schrittweise“.
Laut Infektiologe Bassetti könnten noch im April die Bars und Restaurants wieder öffnen, danach inneritalienische Reisen wieder erlaubt werden. Die Hoffnung ist groß, dass der Sommer endlich das „dolce vita“ zurückbringt.