• Auch in Innsbruck wurden am Montag wieder alle Lockdown-Maßnahmen aufgehoben – trotz grassierender Corona-Mutation in Tirol.
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„Ritt auf der Rasierklinge“: Österreichs Weg aus dem Corona-Lockdown

Wien –

Während in Deutschland die Diskussion um einen Ausstieg aus dem Lockdown langsam Fahrt aufnimmt, hat Österreich selbigen bereits vollzogen. Seit Montag haben Läden, Friseure und Schulen wieder auf. Gleichzeitig hat das Land einen neuen Hotspot: ausgerechnet Tirol, wo auch die einstige Corona-Hochburg Ischgl liegt.

Weitreichende Lockerungen trotz bereits bekannter Mutations-Dynamik? Vor diesem Dilemma stand die Regierung in Wien in den letzten Tagen. Denn: Der Lockdown-Exit war bereits angekündigt – und daran sollte auch der Ausbruch der Südafrika-Mutation im Bundesland Tirol nichts ändern.

Tirol wird nicht abgeriegelt – trotz grassierender Corona-Mutation

Stattdessen wählte Kanzler Kurz eine Art Mittelweg: Der Shutdown wurde aufgehoben – und gleichzeitig eine innerösterreichische Reisewarnung für Tirol verhängt. Es sei alles zu tun, „um zu verhindern, dass sich diese Mutationen immer weiter ausbreiten“, sagte Kurz und forderte seine Landsleute auf, alle nicht zwingend nötigen Reisen zu unterlassen.

Inzwischen geht die Regierung davon aus, dass die Zahl der aktiven Corona-Fälle durch die Mutation bei 140 liegt – ein Vielfaches der bisher gehandelten Daten. Allerdings: Tirol wird nicht abgeriegelt, stattdessen bleibt es bei Ermahnungen und Einzel-Maßnahmen: So sind für die Benutzung der dortigen Seilbahnen nun negative Corona-Tests nötig. Obendrein soll massenweise getestet werden, insbesondere in den von der Mutation betroffenen Gebieten.

Politik und Wirtschaft in Tirol drohen Konsequenzen bei Abriegelung an

Eine zentrale Frage dabei ist, ob Tirol vor allem deshalb im Fokus steht, weil das Bundesland im großen Stil die Infektionslage erforscht. „Wir sind beim Sequenzieren Vorreiter in Österreich, weshalb uns auch die vollständigste und umfassendste Datenlage zur Verfügung steht“, sagt Landeschef Günther Platter. Das Gesundheitsministerium spricht laut ORF aber davon, dass im ganzen Land gleichermaßen sequenziert werde.

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Dass es keine harte Abriegelung gibt, dafür sorgten auch der Tiroler Ministerpräsident und Wirtschaftsspitzen. Sie sehen sich wie viele Einwohner in dem selbstbewussten Bundesland seit dem Fall Ischgl unter Dauerbeobachtung. Tirols Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser etwa drohte: Bei möglichen Maßnahmen würde das Ministerium die Tiroler erst „richtig kennenlernen“.

Ischgl: Im März war der beliebte Skiort ein Corona-Hotspot.

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Foto:

dpa

Breiten sich die Mutanten unentdeckt aus?

Die aktuellen Corona-Zahlen für Tirol scheinen allen Recht zu geben, die gegen eine Alarmstimmung sind: Die Neuinfektionen gehen weiter zurück, die Sieben-Tage-Inzidenz liegt unter dem österreichischen Durchschnitt. Experten warnen jedoch bereits: Das ist nur eine Momentaufnahme.

Statistikern zufolge ist es im Gegenteil sogar wahrscheinlich, dass sich die Mutation bislang unentdeckt massiv ausbreitet und entsprechende Fälle aufgrund der Inkubationszeit erst in einigen Tagen in der Statistik auftauchen dürften.

Test-Offensive begleitet Lockdown-Exit

Um dem exponentiellen Wachstum zuvor zu kommen, ist der Lockdown-Exit von einer umfassenden Test-Offensive begleitet. Viele Apotheken bieten seit Montag kostenlose Antigen-Schnelltests an. „Unsere Termine sind auf drei Wochen ausgebucht“, sagte ein Apotheker in Wien der österreichischen Nachrichtenagentur APA.

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Ab März soll in Österreichs Hauptstadt ein PCR-Gurgeltest im Angebot sein, den alle kostenlos im Betrieb oder zu Hause machen können. Mit Negativ-Test kann man nun auch wieder zum Friseur gehen. Und auch in den Schulen herrscht wieder Betrieb, zumindest für all diejenigen, die sich zweimal in der Woche selbst vor Ort testen.

Aber alle wissen: Österreichs Strategie ist ein „Ritt auf der Rasierklinge“, wie es ein Spitzenpolitiker der regierenden konservativen ÖVP kürzlich formulierte.

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