Streit um Briefwahl: Barack Obama: Trump will der Post „die Kniescheiben zertrümmern“
Washington –
Knapp drei Monate vor der US-Präsidentenwahl rückt die Rolle der Post bei der Abstimmung in Corona-Zeiten immer stärker in den Mittelpunkt. Der Streit mit US-Präsident Trump nimmt immer schärfere Züge an. Auch Ex-Präsident Barack Obama hat sich nun geäußert – und ungewohnt direkte Worte gewählt.
Trump hat die Briefwahl immer wieder scharf kritisiert und als besonders betrugsanfällig kritisiert, obwohl Experten widersprechen. Schätzungen zufolge könnten in diesem Jahr in den USA wegen der Corona-Pandemie mehr als doppelt so viele Menschen ihre Stimme per Post abgeben, um einen Gang ins Wahllokal zu vermeiden.
Kritiker: Donald Trump versucht gezielt, die Post zu schwächen
Offenbar befürchtet Trump, dass die oppositionellen Demokraten von einer Ausweitung der Briefwahl profitieren könnten. Kritiker werfen dem Republikaner vor, gezielt die Post zu schwächen, um die Stimmabgabe per Briefwahl zu torpedieren. Verzögerungen beim Verschicken der Stimmzettel an die Wähler und bei der Rücksendung an die Behörden könnten dazu führen, dass Millionen Wählerstimmen nicht berücksichtigt werden.
Umstrittenes Interview von Trump: Will er Finanzhilfen für die Post blockieren?
Mit Interview-Äußerungen über Finanzhilfen für die Post hatte Trump zuletzt für Empörung gesorgt. Mit Blick auf Forderungen der Demokraten, der Post im Zuge eines neuen Corona-Hilfspakets Milliarden Dollar an Unterstützung zukommen zu lassen, sagte Trump: „Sie brauchen dieses Geld, damit die Post funktioniert, damit sie mit all den Millionen Wahlzetteln umgehen kann. Aber wenn sie es nicht bekommen, dann kann es keine allgemeine Briefwahl geben, weil sie dafür nicht ausgestattet sind.“ Das wurde dem Präsidenten so ausgelegt, dass er Finanzhilfen für die Post blockieren will, damit die Briefwahl nicht ausgeweitet werden kann.
Für die Demokraten ist klar: Trump setzt darauf, dass das ohnehin schlecht aufgestellte Unternehmen bei dem erwarteten Briefwahl-Ansturm im Novemver große Probleme bekommt.
Herausforder Joe Biden: „Er will keine Wahl“
„Typisch Trump“, reagierte sein demokratischer Herausforderer Joe Biden. „Er will keine Wahl.“ Für Misstrauen sorgt insbesondere, dass Trump im Frühjahr den konservativen Geschäftsmann und wichtigen Wahlspendensammler Louis DeJoy zum Postchef gemacht hatte. Kritiker bezeichnen ihn als Handlanger des Präsidenten, der die seit geraumer Zeit finanziell angeschlagene Post weiter schwächen und die Auslieferung von Briefen verlangsamen soll.
Kritik von allen Seiten: „Der Präsident versucht ganz klar, diese Wahl zu sabotieren“
Auch sein Vorgänger Barack Obama ergriff in der Debatte das Wort und warf Trump in einer seltenen direkten Attacke vor, er wolle der Post „die Kniescheiben zertrümmern“. Der demokratische Generalstaatsanwalt des Bundesstaates Connecticut, William Tong, griff zu noch schärferen Worten. „Ich denke, es ist klar, dass der Präsident absichtlich versucht, der Post das Geld zu entziehen und uns am Wählen zu hindern“, sagte Tong dem Nachrichtensender CNN. „Der Präsident versucht ganz klar, diese Wahl zu sabotieren.“
Trump sagte am Donnerstag, er wolle, dass die Amerikaner an der Wahl am 3. November teilnehmen, aber „das bedeutet, dass sie zu einem Wahllokal gehen müssten, wie sie es immer getan haben, und abstimmen“. Das stelle trotz der Coronavirus-Pandemie keine Gefahr dar.
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Die Demokraten setzen sich dafür ein, dass die Bundesstaaten wegen der Pandemie möglichst vielen Wählern die Abstimmung per Briefwahl ermöglichen. Weil im November mehr Wahlzettel per Post eingehen dürften, könnte sich die Bekanntgabe des Wahlergebnisses in diesem Jahr nach Ansicht vieler Beobachter deutlich verzögern, was Vorwürfen eines Wahlbetrugs zusätzlichen Rückenwind verschaffen könnte. (dpa/alp)