• Menschen stehen in Belgrad für eine Corona-Impfung an – nicht alle tragen dabei Maske.
  • Foto: imago images/Xinhua

Wie geht das?: Steigende Zahlen trotz hoher Impfquote: Das Corona-Rätsel von Serbien

Belgrad –

Es ist das neue Corona-Sorgenkind in Europa: In Serbien steigt die Neuinfektionsrate seit Wochen rapide an. Die Entwicklung ist erstaunlich, denn das Land impft in Rekordtempo. Was ist da los?

Gut 4000 neue Corona-Fälle in nur 24 Stunden – und das bei nur knapp 7 Millionen Einwohnern: In Serbien grassiert das Virus nahezu ungebremst. Solche Raten wie die vom vergangenen Freitag würden in Deutschland rund  48.000 Neuinfizierte pro Tag bedeuteten.

Serbien zählt zu den Impf-Vorreitern in Europa

Das Erstaunliche: Das kleine osteuropäische Land steht im Impfvergleich gut da. Schon mehr als eine Million Serben wurden immunisiert, rund 500 000 von ihnen haben sogar schon die zweite Dosis bekommen. Gemessen an der Einwohnerzahl impft Serbien damit als eines der schnellsten Länder Europas. Neben Biontech und AstraZeneca kommen dabei auch Sputnik V und das chinesische Sinopharm-Vakzin zum Einsatz, berichtet die „Süddeutsche“.

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Doch bei den Corona-Zahlen sieht es anders aus: Nachdem diese Anfang des Jahres zunächst etwas absanken, steigt die Kurve seit Mitte Februar rasant an. Grund dafür: die britische Virusmutation B. 1.1.7. Sie macht mittlerweile rund 30 Prozent der Infektionen aus. Zudem gibt es vermutlich viele unentdeckte Ansteckungen.

Corona: Gesundheitssystem in Serbien könnte zusammenbrechen

Mediziner schlagen nun Alarm. Der Chefepidemiologe Predrag Kon etwa warnte: „Wenn wir nichts tun, (…) bricht das System zusammen.“ Auch der Leiter einer provisorischen Covid-Klinik in einer Sportarena in Belgrad sagte zum Fernsehsender RTS: „Es findet etwas Schreckliches statt“. Er sehe immer mehr junge Menschen und ganze Familien sterben, so Vlado Bratnozić. 306 seiner 386 Patienten seien auf Sauerstoff angewiesen. 

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Der „Süddeutschen“ zufolge sind bislang 4562 Serben offiziell an Covid-19 gestorben. Doch an dieser Zahl gibt es Zweifel: Nach Angaben des Statistikamts starben 2020 in Serbien rund 14.000 Menschen mehr als im Jahr zuvor.

Mediziner fordert Rückkehr zum Knallhart-Lockdown

Dass das Land derart viele Neuinfektionen verzeichnet, könnte auch daran liegen, dass Viele coronamüde sind: Zuletzt wurden immer wieder Corona-Partys mit mehreren Hundert Gästen gesprengt. Laut der „Süddeutschen“ tragen zudem nur wenige Serben diszipliniert Masken. Gleichzeitig lässt die Impfbereitschaft nach: „Wir kommen langsam in die absurde Situation, dass wir Impfstoffe haben, aber keine Leute, die sie bekommen“, sagte der Epidemiologe Zoran Radovanović zur Zeitung „Politika“. 

Impfzentrum in Serbien

Menschen stehen in einem serbischen Impfzentrum an.

Foto:

dpa/AP

Zudem gelten in Serbien nur halbherzige Regeln, um die Epidemie einzudämmen. Wie die „Süddeutsche“ weiter berichtet, gibt es zwar Wochenend-Schließungen: Am vergangenen Samstag etwa mussten außer Supermärkten, Apotheken und Tankstellen alle Geschäfte vorrübergehend schließen. Doch schon gestern waren sie wieder auf – genau wie Restaurants, Theater und Fitnesscenter.

Dabei hatte ein strikter Lockdown, wie es ihn in Serbien im Frühjahr 2020 gab, die Infektionszahlen schnell sinken lassen. Anschließende Öffnungen machen die Erfolge jedoch rasch zunichte. Epidemiologe Kon fordert nun eine sofortige Rückkehr zum Knallhart-Lockdown samt Ausgangssperre – bislang  vergeblich.  (ncd)

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