Ex-Torwart von St. Pauli: Pliquett: Corona-Tests auf dem Kiez und Hilfe für Obdachlose
Nicht wenige Fußballer haben nach Ende ihrer Profi-Karriere eine Sinn-Krise, wissen nicht, wie sie ihr Leben gestalten sollen. Dieses Problem hat Benedikt Pliquett nicht. Der langjährige St. Pauli-Keeper sprüht vor Ideen. Der aktuelle Clou des 36-jährigen Hamburgers: Er führt Corona-Tests durch, versorgt zudem nicht nur bei Eiseskälte Obdachlose und Bedürftige.
Über Wasser hielt er sich bis zur Pandemie-Krise mit einer Kneipe und drei Sex-Läden auf der Reeperbahn. Vor Ort hat er mittlerweile einen „Click-Shop“ eingerichtet, ist jetzt auch online (stpaulitoys.de). Die Ware werde „diskret und superschnell per ToyTaxi nach Hause geliefert“.
In seiner Kiezbar „Alkotheke“ am Hans-Albers-Platz 9 haben er und seine Mitstreiter mit behördlicher Genehmigung eine Corona-Teststation eingerichtet (coronatest-stpauli.de). Pliquett zur MOPO: „Nachdem wir unser Konzept vorgelegt hatten, erhielten wir vom Amt das Okay.“
Corona-Tests statt Alkohol in der St. Pauli-Kneipe von Ex-Keeper Pliquett
Natürlich sei der Alkohol aus seiner Gaststätte komplett leergeräumt, seien alle Hygiene-Bedingungen erfüllt worden. Anmelden kann man sich online. „Der Covid19-Test dauert zwei bis drei Minuten, das Ergebnis gibt’s nach einer Viertelstunde per Mail.“ Geöffnet ist sieben Tage die Woche. Die Kosten hat Pliquett von 33 Euro auf 31 (seine Rückennummer als Kiezkicker) gesenkt. „Für Bedürftige und Familien checken wir gratis.“
Sein Antrieb sei nicht das Geld. „Damit kann man, Stand jetzt, nichts verdienen. Wir wollen uns der Pandemie nicht einfach so ergeben, sondern nach Lösungen suchen und einen Beitrag leisten, um schneller zur Normalität zurückkehren zu können.“
St. Paulis Ex-Torwart Pliquett gründete Verein, der Obdachlosen hilft
Um Obdachlose und Bedürftige kümmern sich Pliquett und Co. schon seit langem, sie gründeten den gemeinnützigen „Brüder-Teresa-Straßenhilfe“-Verein, sammeln erfolgreich Spenden. Seit zehn Jahren veranstalten sie ein Weihnachtsessen im Hofbräu Wirtshaus am Speersort 1.
Damit gibt sich der St. Pauli-Derbyheld von 2011 aber nicht zufrieden. „Nordostsee-Automobile“ hat ihm einen Van kostenlos zur Verfügung gestellt, mit dem Freunde, Kiez-Gastronomen und er abends durch St. Pauli und Umgebung fahren. „Es sind freiwillige Helfer, die ehrenamtlich tätig sind.“
Pliquett über seine Begegnungen mit Obdachlosen und Bedürftigen
Das Pliquett-Team verteilt Schlafsäcke, Decken, Kleidung, heiße Suppen und anti-alkoholische Getränke. Was den früheren Ballfänger bestürzt: „Trotz der Minustemperaturen treffe ich immer wieder auf Menschen, die nur wenig Klamotten anhaben. Kürzlich hatte einer nicht mal eine Jacke, war lediglich in eine Alu-Wärmedecke eingehüllt.“
Pliquett, der nach eigenen Angaben vor allem von seinen Ersparnissen lebt, ist keiner, der großes Aufheben um seine Fürsorge macht. „Das erfüllt mich, macht mich glücklich. Ich bin sehr umtriebig und genieße es, das zu tun, was mir Spaß bringt.“
Ex-Keeper Pliquett übt Kritik am Kommerz – und am FC St. Pauli
Zu seiner Laufbahn als Fußballer sagt er: „Ich fand es toll, mich damals in den Matsch zu schmeißen. Jetzt gefällt mir das Drumherum nicht mehr so.“ Damit meint er zuvorderst die voranschreitende Kommerzialisierung und Unmündigkeit der Spieler.
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Das jähe Ende seines Ex-Torwart-Kollegen Robin Himmelmann empfand er als unwürdig. Pliquett: „Wie man mit ihm umgesprungen ist, hat mich traurig gemacht. Ich weiß nicht, warum St. Pauli immer wieder Probleme mit verdienten Spielern hat. Den Torwart-Wechsel finde ich nicht plausibel. Durch Stojanovic ist für mich nichts anders geworden.“