Trotz Corona: Ex-Kiezkicker Pliquett sorgt für Weihnachts-Wunder für Obdachlose
Wenn man ihn so sieht mit seinen 1,99 Metern Körpergröße und manchmal finsterem Blick, dann wirkt er schon ein wenig bedrohlich. Doch in dem Riesenkerl steckt ein liebenswerter Mensch. Der langjährige St. Pauli-Keeper Benedikt Pliquett, Mitinhaber mehrerer Sex-Shops auf dem Kiez, hat ein großes Herz für Menschen, denen es nicht gut geht.
Am Heiligen Abend veranstaltet er zusammen mit seinen Unterstützern vom Hofbräu Wirtshaus (Speersort 1) zum zehnten Mal in Folge ein Weihnachtsessen für Obdachlose.
Weihnachtsessen für Obdachlose am Heiligabend bereits zum zehnten Mal in Folge
Ab 11.00 Uhr werden Menschen diesmal allerdings nicht in den Räumlichkeiten sondern wegen der Corona-Problematik vor der Gaststätte per „To-Go“ versorgt: In 500 Jute-Beuteln gibt es Kartoffelsalat mit Würstchen, Entenkeulen, Spekulatius-Kekse, Äpfel, Clementinen, Bananen, Schokoladen-Weihnachtsmänner und Wasser. Ebenfalls drin sind Hygenie-Artikel. Pliquett: „Danach müssen die Leute leider wieder gehen.“
„Bene“, gerade 36 Jahre alt geworden, hat wegen vieler Spenden der vergangenen Jahre im Januar mit Geschäftspartner Dominique Kottke die „Brüder Teresa Straßenhilfe e.V.“ gegründet (Bankverbindung DE40 2005 0550 1500 9914 74). Weil er mehr Spenden hereinbekam als das Essen kostete, will er das Geld im Januar in ein Winterschlafprogramm für Obdachlose investieren.
Pliquett über die Corona-Krise: „Am liebsten wäre mir St. Pauli, wenn wieder alle da sind“
Woher seine soziale Ader kommt? „2004 bin ich nach meinem Abitur durch meinen Zivildienst mit der Diakonie St. Pauli in Verbindung gekommen.“ Außerdem begleitete er das angesehene Wasserprojekt „Viva con Agua“ seines St. Pauli-Mitspielers Benjamin Adrion mit. Endgültig hat ihn der Tsunami 2011 animiert: „Das hat mich wie alle Menschen mitgenommen. Aber ich habe mir gesagt, dass so viele Probleme vor der eigenen Tür gibt und wollte lieber in Hamburg tätig werden.“
Speziell engagiert er sich auf dem Kiez. Die Faszination, die der auf ihn ausübt, beschreibt er so: „Ich liebe St. Pauli mit seinen omnipräsenten Themen. Durch meine Zeit als Fußballer hatte ich ohnehin viel Nähe, empfand den Stadtteil da schon als eine Art Dorf. Mittlerweile wohne ich mittendrin. Am liebsten wäre mir St. Pauli, wenn wieder alle da sind, alle da sein dürfen – neben den Anwohnern natürlich auch die Touris. Der Mix macht‘s.“
Pliquett über die St. Pauli-Krise: „Das tut mir im Herzen weh“
Im Moment wirke alles trist. Wohl fühlt er sich dennoch: „Ich erledige fast alles zu Fuß, brauche manchmal tagelang kein Auto. Mein achtjähriger Sohn Don sagte letztens zu mir: ‚Du Papa, die Leute sagen hier alle hallo, sind so freundlich.‘ Viele glauben das gar nicht.“
Auch als Unternehmer ist Pliquett einfallsreich. Für seine Sex-Shops auf der Reeperbahn hat er vor Ort einen „Click and collect“-Bestellservice eingerichtet, der Online-Shop ist kurz vorm Start: „Eine Domain gibt es schon (www.stpaulitoys.de, d. Red.).“
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Und natürlich bewegt ihn auch die sportliche Misere seines FC St. Pauli: „Ich leide mit Schulle, das tut mir im Herzen weh.“ Die Gründe für den Tiefflug? Pliquett: „Die Transferpolitik der vergangenen Jahre war suboptimal, und wenn die Führungsspieler nicht da sind, dann wird es halt schwierig.“