Corona? Na und?!: Diese Betriebe in Hamburg trotzen der Krise
Ein bisschen verrückt klingt es schon, jetzt, mitten in der Coronazeit, ein neues Restaurant zu eröffnen. Doch die Schmidt-Familie um Geschäftsführer und Tausendsassa Corny Littmann macht genau das: Am 10. Oktober eröffnet das „Reep“ an der Reeperbahn offiziell. Schon jetzt können erste Gäste das neue Schlemmerlokal ausprobieren. Wie Littmann haben auch andere Gastronomen trotz Pandemie ein neues Business aufgemacht. Corona? Na und!
„Wir wollen nicht Opfer dieser Krise werden, sondern sie nutzen, um Neues zu machen“, sagt Corny Littmann, der es sich auf einem riesigen Sofa im neuen Restaurant bequem gemacht hat. Erster Vorgeschmack für dieses Neudenken war die Show„Paradiso“, Mitte Oktober folgt die zweite coronaspezifische Knallershow „Schmidts Ritz“ – und nun eben das Restaurant mit typisch Hamburger Küche.
Ex-St.Pauli-Boss sieht Gourmet-Versorgungslücke in Hamburg
„Richtig gute norddeutsche Küche hat hier auf dem Kiez noch gefehlt“, sagt Littmann. Dazu zählten Labskaus, Birnen, Bohnen und Speck, Aalsuppe oder Hamburger Pannfisch. Diese Versorgungslücke für Gourmets schließt das „Reep“. Eigentlich war die Eröffnung bereits im Frühjahr geplant, doch wegen Corona musste sie verschoben werden. Dass es jetzt soweit ist – mit Hygienekonzept, jeder Menge Abstand und 45 locker verteilten Plätzen – braucht trotzdem eine gehörige Portion Optimismus. „Wir warten ab, wie das Reep angenommen wird“, sagt Littmann. „Aber die Resonanz ist bisher positiv.“ So habe er selbst kürzlich mit Bekannten die gesamte Speisekarte rauf und runter probiert. Sein Favorit: Die Rinderroulade aus Bio-Galloway-Fleisch.
Littmann ist zuversichtlich, bald viele Gäste empfangen zu können. „Viele sind zögerlich, in Bars oder Restaurants zu gehen“, sagt der Theaterchef. „Aber wenn sie einmal an einem Ort eine positive Erfahrung gemacht haben, spricht sich das rum und dann kommen immer mehr.“ So wie es die Tivoli-Crew erlebt. Da sind sämtliche Vorstellungen ausverkauft. Nach Auffassung von Corny Littmann liegt das daran „dass das Hygienekonzept wirklich überzeugend ist und sich die Leute sicher fühlen.“ Dieses Sicherheitsgefühl will das „Reep“-Team auch im neuen Restaurant vermitteln. Und mit leckerer gehobener Hausmannskost verführen.
Promi-Koch Tim Mälzer lädt in die „Fetisch-Metzgerei“
Zwei Kilometer weiter in Richtung Norden, mitten in der Schanze, kann ab dem 3. Oktober ebenfalls wieder ordentlich geschlemmt werden. Nach einem halben Jahr öffnet Tim Mälzer die Türen seiner „Bullerei“ in der Lagerstraße wieder für Gäste. Dort sei nun nach Renovierungsarbeiten „kein Stein auf dem anderen geblieben“. Platz nehmen dürfen die Restaurantbesucher in einer Art „Fetisch-Metzgerei“ – allerdings will der TV-Koch („Kitchen Impossible“, Vox) auch vermehrt auf fleischlose Alternativen setzen, um die ganze Bandbreite der modernen Küche zu zeigen.
In Eimsbüttel blickt Sören Korte schon auf ein halbes Jahr der Existenz zurück. Im April, also fast zu Beginn der Coronakrise, eröffnete der Bäckermeister in der Weidenallee die „Sören Korte Brotmanufaktur“, die sich auf – nach eigenen Angaben – besonders hochwertige Backwaren spezialisiert hat. Nur sechs verschiedene Brotsorten hat Korte im Angebot, die dafür allerdings mit viel Liebe zum Handwerk entstehen. Denn: Brote seien „so schön vielfältig“, schwärmt Sören Korte. Bei der Kundschaft kommt das offenbar gut an: „Geiles Brot“, schwärmt ein Rezensent bei „Google“. Ein anderer Nutzer verleiht den Broten der „Brotmanufaktur“ das Prädikat „ultra-lecker“.
Entgegen des Ladensterbens: Modehäuser ziehen an den Alten Wall
Während in der Innenstadt immer mehr Geschäfte ihre Räumlichkeiten schließen – sei es nun wegen Corona oder dem Kampf gegen den Online-Handel – und auch etablierte Häuser wie „Galeria Kaufhof“ davon betroffen sind, trotzen zwei Modehäuser diesem Trend. Die japanische Modemarke „Uniqlo“ eröffnet am Alten Wall ihre deutschlandweit zehnte Filiale. Neben Hamburg ist die Marke noch in Berlin, Köln, Düsseldorf und Stuttgart vertreten. Europa-Chef Taku Morikawa ist jedenfalls vom neuen Standort überzeugt: „Hamburg ist eine eindrucksvolle Stadt, die weltweit für ihre Toleranz, Kultur und wirtschaftliche Bedeutung als zentrales europäisches Handelszentrum mit ihrem Hafen bekannt ist“. Bei so viel Begeisterung kann nicht einmal Corona der Neueröffnung etwas anhaben.
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In direkter Nachbarschaft hat sich kürzlich der Herrenausstatter „Ladage & Oelke“ niedergelassen. Ende September ist das seit 1845 bestehende Traditionsunternehmen, das seit 2019 in fünfter Generation von Selma und Thomas Wegmann geführt wird, in seine neuen Räumlichkeiten am Alten Wall 22 eingezogen. Gegründet hatten den Herrenausstatter einst zwei Kaufleute, die feine englische Tuchmode nach Hamburg brachten. Auch heute noch setzen die Wegmanns auf hochwertige Qualitätsmode – und zusätzlich auf einen Barbershop. „Wir haben Kunden, die kommen in Shorts und mit dem Skateboard, lassen sich dann aber einen Cut für die Hochzeitsfeier schneidern“, sagte Thomas Wegmann.
Zur Neueröffnung ließ sich auch Falko Droßmann, Bezirksamtsleiter in Hamburg-Mitte, blicken. Der SPD-Politiker zeigte sich „beeindruckt vom Mut der Wegmanns, jetzt an einem anderen Ort mit diesem Kleidermagazin jetzt quasi den Neustart zu wagen.“ Und weiter: „Wir müssen in Zeiten von Corona auch lernen, Geschäfte und Einzelhandel eben daran anzupassen.“