„Meeresspiegel steigt“: Experten: Das müssen wir sofort ändern, um das Klima zu retten
Innenstadt –
Der Klimawandel schreitet voran, vor allem die Lebensmittelindustrie leistet einen großen Beitrag zur Zerstörung unserer Umwelt und damit unserer Lebensgrundlage. Der Samstagabend der zwölften Hamburger Klimawoche auf dem Rathausmarkt stand ganz im Zeichen der Ernährung, bei einer Podiumsdiskussion mit dem Titel: „Massentierhaltung und Klima: Essen wir die Welt kaputt?“ stellte Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke klar, was wir jetzt sofort ändern müssen, um das Klima zu retten.
Die Tierhaltung ist für etwa 70 Prozent der Emissionen in der Landwirtschaft verantwortlich – ein bemerkenswert großer Anteil. Dass die Emissionen so schnell wie möglich sinken müssen, machte Kriminalbiologe Benecke am Samstag klar.
„Vor zwei Wochen ist die wissenschaftliche Veröffentlichung erschienen, dass der Kipppunkt überschritten ist, was das Abschmelzen des Eises betrifft. Es gibt kein Zurück mehr, der Meeresspiegel wird ansteigen. Bereits 2050 können Bremen und Hamburg nicht mehr vor dem Wasser geschützt werden.“ Es führe kein Weg daran vorbei, sofort mit der Herstellung von tierischen Produkten aufzuhören.
Hamburger Klimawoche: Diskussion über Massentierhaltung
Der Vize-Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes, Werner Schwarz,
hält das für eine zu kurzsichtige Denkweise: Solange Bedarf und Nachfrage der Verbraucher da seien, würden die Landwirte auch Fleisch produzieren. Der Anstoß für eine Verringerung der Tierbestände müsse von Verbraucherseite kommen. Außerdem verzeichne man bereits seit drei Jahren einen kontinuierlich fallenden Fleischverzehr.
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Landwirtschaftsmeister Mathias von Mirbach vom Kattendorfer Hof verwies auch auf die Pflanzenzucht: „Eine Landwirtschaft, die auf synthetische Düngemittel verzichten will, braucht die Tierhaltung.“ Er sehe die Lösung eher in der flächengebundenen Tierhaltung und dem Ende der Futtermittelimporte. Eine Reduktion des Pro-Kopf-Verbrauches an Fleisch könne man über eine Erhöhung der Preise auf die realen Produktionskosten erreichen.
Klimawandel: „Verhandeln und Feilschen bringt jetzt nichts mehr“
Benecke hält das für zu wenig und muss aus Verzweiflung fast lachen. „Das wären gute Steuerungsmechanismen, wenn wir noch hundert Jahre Zeit hätten. Je nach wissenschaftlichem Report haben wir noch zwanzig bis dreißig Ernten, bis das Ding komplett gegen die Wand gefahren ist. Ich weiß nicht, was das Verhandeln und Feilschen noch soll: Das hat so etwas Suizidales.“
Seiner Meinung nach müssten die Verbraucher sich sofort darauf einigen, keine tierischen Produkte mehr zu konsumieren und auf der Stelle das Maximum dessen zum Schutz der Umwelt zu tun, was in ihrer Macht stehe. Für kleine strukturelle Veränderungen sei es zu spät.
Zu hoher Fleischkonsum: „Der Handel ist das Problem“
Der Landwirtschaftsmeister sieht die Verantwortung hingegen nicht bei Verbrauchern und Produzenten, sondern beim Handel. „Dieser bietet den Erzeugern keine kostendeckenden Preise an und dadurch gehen Standards verloren. Wir brauchen ein Bündnis zwischen Verbrauchern und Erzeugern“, so von Mirbach. Landwirt Schwarz verwies darauf, dass man bereits einen deutlichen Zuwachs im Bohnen- und Erbsenanbau verzeichne, weil die Nachfrage nach pflanzlichen Ersatzprodukten steige.
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Dr. Mazen Rizk stellte auf der Klimawoche eine weitere pflanzliche Alternative zu Fleisch vor: Pilze. Der junge Libanese ist Gründer der Firma Mushlabs, die Hack aus Pilzen herstellen möchte und die auch Benecke in der Diskussion am Samstag als positives Beispiel heranzieht. In Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Hamburg-Harburg forscht Rizks Unternehmen schon seit einer Weile daran und will in drei bis vier Jahren die ersten eigenen Fabriken haben.
Klimawoche auf dem Rathausmarkt: Gründer stellt Hack aus Pilzen vor
„Pilze sind die perfekte Lösung. Sie enthalten hochwertiges Protein, wichtige Ballaststoffe und viele Vitamine und Mineralien. Zudem sind sie nachhaltig: Sie wachsen auf Abfall“, erklärt Rizk.
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Seine Fabriken zur Herstellung von Fleischersatz aus Pilzen sollen bald überall auf der Welt stehen, denn er wolle „local production“ gewährleisten – also regional genau das produzieren, was in die Kultur des jeweiligen Landes passe. Bereits jetzt gebe es viele positive Reaktionen aus dem Handel. Der entscheidende Schritt, das sieht Rizk ebenso wie die Teilnehmer der Diskussionsrunde, sei die Überzeugung der Verbraucher, die sich von ihren Gewohnheiten lösen und offen für neue Produkte sein müssten.