• Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) und Kirsten Pfaue, Leiterin Koordination Mobilitätswende, unterwegs auf einer Pop-Up-Bikelane.
  • Foto: Behörde für Verkehr und Mobilitätswende

„Rekord“ oder „Mogelpackung“?: So lief Hamburgs Radweg-Ausbau 2020

„Hamburg wird Fahrradstadt“, so steht es im rot-grünen Koalitionsvertrag. Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) hat am Freitag die Bilanz für Hamburgs Radweg-Ausbau 2020 vorgestellt. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren hat die Stadt einen echten Turbo eingelegt. Und auch für die Zukunft gibt es große Pläne. 

Welche Pläne hat Hamburg für den Radverkehr?

Bis 2030 soll der Anteil des Radverkehrs in Hamburg von 25 auf 30 Prozent steigen. Dazu soll das Bau- und Sanierungsvolumen schrittweise mindestens auf 60 bis 80 Kilometer pro Jahr verdoppeln werden. Mittelfristig soll das Bauvolumen auf 100 Kilometer pro Jahr steigen.

„Das flächendeckende Velorouten-Netz wird fertiggestellt und ergänzt“, heißt es im Koalitionsvertrag. Weiterhin sollen bis 2025 an den U- und S-Bahn-Haltestellen insgesamt 40.000 Fahrradstellplätze entstehen. In innerstädtischen Quartieren sollen bis zu 10.000 zusätzliche Stellplätze für Fahrräder entstehen und bestehende Stellplätze sicherer gemacht werden.

Wie hoch war der Radverkehrsanteil in Hamburg 2020?

„Dieses Jahr hatten wir einen deutlichen Anstieg des Radverkehrs“, so Hamburgs Verkehrssenator Tjarks. Dieser „Boom“ sei auch durch die Corona-Pandemie bedingt worden. Im Vergleich zu den Pegelmessungen im Vorjahr wurde ein Plus von 33 Prozent gezählt. Insgesamt gehe der Trend zum Radfahren deutlich nach oben.

Was hat Hamburg beim Radweg-Ausbau schon geschafft?

Im Jahr 2020 wurden insgesamt 62 Kilometer Radweg in Hamburg neu gebaut oder saniert. Im Vorjahr waren es noch 38 Kilometer. „Wir haben es geschafft im Jahr 2020 die Bauleistung deutlich zu steigern, nämlich um 63 Prozent“, so Tjarks. Beim Ausbau des Veloroutennetzes verzeichnet Hamburg einen Anstieg um 70 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf etwa 25 Kilometer neu gebaute oder sanierte Kilometer Radweg.

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Knapp zwei Drittel des gesamten Veloroutennetzes von 280 Kilometern sind nun fertiggestellt. Zu den bekanntesten Radwegeprojekten 2020 zählten unter anderem die Errichtung der Fahrradstraße in der Thadenstraße, der bis zu 4,75 Meter breite Radweg auf dem Ballindamm und die Pop-Up-Bikelanes Beim Schlump und auf der Max-Brauer-Allee.

Was kostet der Radweg-Ausbau in Hamburg?

Für 2020 wurden im Bereich Radverkehr für Infrastruktur, Service und Kommunikation insgesamt 83 Millionen Euro eingesetzt. „Diese Summe ist noch vorbehaltliche verschiedener Abschlussrechnungen“, sagte Kirsten PfaueLeiterin Koordination Mobilitätswende. Allein im Bereich Velorouten wurden 25 Kilometer für rund 77 Millionen Euro ausgebaut. Zum Vergleich: 2019 gab Hamburg in diesem Bereich 52 Millionen aus, davon 40 Millionen für den Veloroutenausbau. Für die Kosten im Jahr 2021 könne bisher noch keine Prognose abgeben werden.

Bauarbeiten an der Pop-Up-Bikelane Max-Brauer-Allee.

Bauarbeiten an der Pop-Up-Bikelane Max-Brauer-Allee.

Foto:

Behörde für Verkehr und Mobilitätswende

Radwege in Hamburg: Wo hakt es noch?

„Es gibt immer Themen, wo es mal ein bisschen ruckelt, wie das Thema Tangstedter Landstraße“, sagte Tjarks. Meist handle es sich nur um einzelne Straßen. „Ich glaube insgesamt sind die Leute sehr froh und wollen, dass wir die Ausbaugeschwindigkeit erhöhen“, so Tjarks. An der Tangstedter Landstraße (Langenhorn) müssten für den Ausbau des Radweges entweder zahlreiche Parkplätze wegfallen oder Bäume gefällt werden. Eine Anwohner-Initiative ist auf die Barrikaden gegangen. Bisher gibt es noch keine Einigung.

„Wir sind eine Großstadt am Wasser, deshalb hat die Verkehrsbehörde auch den Auftrag, möglichst viele Bäume zu erhalten, was aber nicht immer der Fall sein kann“, so Tjarks zur Debatte um die Bäume. Im Zweifelsfall müsse man mit Nachpflanzungen unterstützen. Das Beispiel zeigt deutlich, welche unterschiedlichen Interessen beim Thema Verkehr zusammentreffen.

Was sagt der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) zur Bilanz? 

„Es ist toll, dass unter der neuen Behördenleitung endlich mehr Schwung in den Umbau Hamburgs hin zu einer fahrrad- und fußgängerfreundlichen Stadt kommt“, so Dirk Lau, Sprecher des ADFC Hamburg. Neben dem Ausbau der Velorouten sei auch die Planung der Bezirksrouten und Verbesserungen auf den Magistralen von entscheidender Bedeutung für die Mobilitätswende.

„Hamburg könnte deutlich mehr Mut bei Verkehrsversuchen zeigen und auch schnellere Lösungsansätze auf die Straße bringen“, sagt Lau. Als Beispiel nennt er Maßnahmen wie mehr Tempo-30-Zonen, autoarme Wohnquartiere oder die Umwidmung von Auto- zu Fahrradparkplätzen.

Was sagt die Opposition zur Radweg-Bilanz?

Richard Seelmaecker, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion hält die Radwegebilanz für eine "dreiste Mogelpackung".

Richard Seelmaecker, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion hält die Radwegebilanz für eine „dreiste Mogelpackung“.

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dpa

„Die aktuelle Radwegebilanz ist eine dreiste Mogelpackung. Ein paar auf die Straße gepinselte Linien machen noch keinen richtigen Radweg“, sagte Richard Seelmaecker, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Mehr als die Hälfte der 62 Kilometer Radweg entfielen auf Provisorien wie Radfahrstreifen und kurzfristig eingerichtete Radwege. Mit 16 Kilometern entfalle knapp ein Viertel des Ausbauvolumens auf echte Radwege.

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Auch der Ausbau des Veloroutennetzes komme unter Rot-Grün nur schleppend voran. Dabei habe die SPD die Fertigstellung bereits 2011 spätestens für Ende 2019 versprochen. „Es spricht Bände, dass ausgerechnet diese Provisorien den Löwenanteil des knapp erreichten Koalitionsziels bilden“, so Seelmaecker. „Nur um mit einer vermeintlich guten Überschrift bei seiner Parteilobby zu punkten, greift der Verkehrssenator zu solch durchschaubaren Statistiktricks.“

Was plant Hamburg 2021 für den Radverkehr?

Für 2021 stehen unter anderem die Fahrradstraße auf der Veddel, Veloroute 10, sowie die Umgestaltung der Schlüterstraße in Eimsbüttel auf dem Programm. Auf der Veloroute 10 sollen unter anderem eine neue Radwegtrasse über den Wilhelmsburger Platz entstehen und 200 neue Fahrradbügel. Auch der Umbau der Hannoverschen Straße in Harburg mit Hamburgs erster protected Bikelane steht an.

Dieses Konzept sieht vor, dass die Radfahrer neben dem Autoverkehr einen mindestens zwei Meter breiten, durch bauliche Elemente geschützten Radfahrstreifen erhalten. Auch Hamburgs größtes Fahrrad-Parkhaus an der U-Bahnhaltestelle Kellinghusenstraße soll noch im Frühjahr 2021 eröffnet werden. Des Weiteren sind zusätzliche Pop-Up-Bikelanes geplant, unter anderem in der Straße Am Sandtorkai und in der Hallerstraße.

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