Snacken wie ein Hamburger : Schottsche Karre: Der Lkw von anno dazumal
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Was die Stadt Hamburg so unverwechselbar macht? Vor allem die tolle Lage an Alster, Elbe und Bille. Und: ihre Sprache! Ausgerechnet ein Bremer, der Historiker Dr. Daniel Tilgner, hat jetzt ein Lexikon der Hamburger Begriffe herausgebracht. „So snackt Hamburg“ heißt der Band – und der ist nicht nur für Quiddjes (Zugereiste) interessant, sondern auch für waschechte Hanseaten. Die MOPO stellt eine Auswahl der lustigsten Begriffe vor. Heute Teil 5: Hamburg von S bis U.
Scha’snichbeiwas! ist ein besonders schöner Ausruf aus Dirks Pauluns Missingsch. Er lautet auf Hochdeutsch „Schade, dass du nicht dabei warst!“ und betitelte ein Gedicht im ersten Band seiner „Studien in Hamburger Hochdeutsch“ (1950).
Scheun greun but’n Dammtor! lautet eine alte Redewendung, deren Inhalt an das Grün der Felder und Gärten erinnert, die vor der Erschließung und Bebauung der heutigen Stadtteile Rotherbaum und Harvestehude das Gebiet prägten.
Schietbüdel werden auf Plattdeutsch liebevoll Kinder genannt, die noch gewickelt werden.
Schottsche Karre ist in Hamburg die Bezeichnung für einen zweirädrigen Handkarren, der über Jahrhunderte als vielseitiges Transportmittel in der Stadt zum alltäglichen Bild gehörte.
Schulterblatt heißt heute eine im 17. Jahrhundert als „Im Schulterblatt“ benannte Straße. Ein findiger Wirt hatte sich seinerzeit das Schulterblatt eines Wals von einem der zahlreichen Hamburger Walfänger besorgt, es bunt bemalt und als werbenden Blickfang und Gasthausschild vor die Tür gehängt – und das stand eines Tages Pate, als für die heranwachsende Straße ein Name hermusste.
Hamburg wurde durch Schuten versorgt
Schuten sind die Lasttiere der Hamburger Wasserwege. Die breiten Boote ohne Kiel und Motor tragen bis zu 250 Tonnen Ladung. Früher handelte es sich um abgetakelte Ewer, deshalb wurde der Berufsstand der Führer einer Schute auch als Ewerführer bezeichnet. Der Ewerführer kann sein Gefährt in flachem Gewässer durch Staken mit dem Peekhaken (auch: Piekerhaken) fortbewegen, ansonsten ziehen kleine Hafenschlepper seine Schute.
Sechslingspforte heißt heute eine Straße zwischen den Stadtteilen St. Georg und Hohenfelde. Als „Sechslingspforte“ bezeichnete der Volksmund die Alsterpforte, eine 1852 eingerichtete Zahlstelle für ein Wegegeld. Sie befand sich an einem neu angelegten Fußweg von der Lohmühle zur Uhlenhorst bei einer Brücke über den ehemaligen Wallgraben der hamburgischen Stadtbefestigung im Bereich des heutigen St. Georg. Die 1864 abgebrochene Sechslingspforte war nach dem Geldstück für sechs Pfennige, dem Sechsling, benannt worden, der zum Passieren entrichtet werden musste.
Snuten un Poten bedeutet „Schnauzen und Pfoten“, und zwar vom Schwein, als Eintopf gekocht und zusammen mit Püree auf dem Teller serviert. Nicht jeder muss dieses Gericht mögen, aber es kann nicht schaden, seinen Namen zu kennen, oder, noch besser, es zumindest mal probiert zu haben. „Snuten un Poten“ war auch der Titel eines Couplets und Hamburger Gassenhauers des „Wolf-Duos“, den es 1911/12 in der Revue „Rund um die Alster“ sang.
Sottje ist eine volkstümlich-plattdeutsche Bezeichnung für einen Schornsteinfeger. Sie leitet sich ab von der Koseform des plattdeutschen Wortes „Sott“, das für den angesetzten Ruß steht.
Hamburger Kiez: Wie hieß St. Pauli eigentlich früher?
St. Liederlich ist ein veralteter Name für den Teil St. Paulis, in dem sich vorwiegend gemütliche Pinten und Bordelle befanden und der meist das Ziel von Matrosen war, die sich hier amüsieren wollten. Der andere Teil, in dem die Theater und Nachtclubs zu finden waren, wurde „St. Lustig“ genannt.
Tatsache wahr oder früher auch „Ehrenwort wahr“ sind vor allem unter Hamburger Jugendlichen Beteuerungsformeln der höchsten Stufe, wenn also der Sprecher noch stärker als mit „bestimmt“ oder „gaanz beschtimmp!“ die Richtigkeit seiner Rede gegen eventuelle Zweifel behaupten will – in ech’ jetz!
Terrasse lautet in Hamburg die Bezeichnung für geschlossene Kleinwohnungsanlagen, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zur Beseitigung der Wohnungsnot der wachsenden Industrie- und Hafenarbeiterschaft in Hinterhöfen angelegt wurden. Entstand dabei eine gerade Verbindung zu einer zweiten Straße, wurde die Anlage auch „Passage“ genannt.
Trichter war nacheinander der legendäre Name von insgesamt drei Gastronomien und somit begriffliches Wahrzeichen für das Amüsierviertel an Spielbudenplatz und Reeperbahn. Der erste „Hamburger Trichter“ wurde 1805 am Millerntor erbaut. Es handelte sich um einen hölzernen Erfrischungspavillon mit Spitzdach. Nach seiner Zerstörung 1813 eröffnete er 1820 als „Ballhaus Trichter“ erneut. Er diente jahrzehntelang als Domizil eines erfolgreichen Revuetheaters. 1889 eröffnete etwas südwestlich versetzt „Hornhardt’s Etablissement“ in einem prächtigen Neubau mit einer großen Kuppel über einem achteckigen Grundriss.
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Nach zeitweiligem Leerstand hieß der Bau um etwa 1920 wieder „Trichter“ und bestand trotz starker Kriegszerstörungen noch in kleinem Rahmen bis 1958 als Ballhaus fort. Nach anderer Bebauung und Nutzung („Astra-Bowlingbahn“ u. a.) tanzen auf dem alten Trichtergrundstück wieder zwei, nämlich die „Tango-Türme“, wie die beiden 2012 fertiggestellten und 75 und 85 Meter hohen „Tanzenden Türme“ auch genannt werden.
Trostbrücke heißt die geschichtsträchtige Brücke, die die bischöfliche Altstadt mit der um 1189 gegründeten gräflichen Neustadt verband. Als „Pons Trostes“ ist sie erstmals 1266 erwähnt. Ihre Benennung hat nichts mit „aufmuntern“ oder „trösten“ zu tun, sondern geht vermutlich auf einen Mann namens Trost zurück, dem hier ein Grundstück gehörte. Die zwei Standbilder auf der von 1881 bis 83 erneuerten Brücke schuf der in Hamburg viel beschäftigte Bildhauer Engelbert Peiffer in rotem Sandstein. In Gold eingefasst zeigen sie Bischof Ansgar als Stadtherrn der Altstadt und Graf Adolf III. von Schauenburg als Gründer der Neustadt und verschönern somit sinnreich Brücke und historischen Ort gleichermaßen.
Hamburger Schnack: Was ist ein Udl?
Udl lautete noch bis ins 20. Jahrhundert hinein der Spottname für einen Angehörigen der Hamburger Schutzpolizei. Die Polizisten, die damals noch nach englischem Vorbild Konstabler genannt wurden, hatten ihn samt den zugehörigen Aufgaben von der 1876 aufgelösten Nachtwache unfreiwillig geerbt. Die Nachtwächter wurden nämlich schon seit langer Zeit mit dem plattdeutschen Wort für Eule als Uhlen bezeichnet, weil sie wie diese Vögel besonders in der Dunkelheit unterwegs waren, und aus der „Uhle“ wurde der „Udl“ oder „Udel“. Die im Nebenberuf tätige und dementsprechend mitunter unmotivierte Nachtwächtertruppe hatte den Ruf, der hohen nächtlichen Aufmerksamkeit des namensgebenden Tieres wenig gerecht zu werden. Man unterstellte den Udels häufig zwischen- zeitliche Schläfchen während der Dienstzeit.
Plattdeutsches Wörterbuch: Hier finden Sie Teil 1 (A bis E), Teil 2 (F bis K), Teil 3 (L bis O) und Teil 4 (P bis R) der Serie.